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Montag, 12. Juli 2021

Fermentierte Nektarinensalsa



Ja, die Anleitung ist umfangreich und wirkt auf den ersten Blick einschüchternd. 
Aber nein, die Zubereitung ist alles andere als kompliziert. 
Sie passt zu Tortillachips, Salat, Couscous, Sandwiches, gegrilltem Fleisch und gedämpftem Fisch.
Braucht irgendjemand noch mehr Argumente für die Herstellung dieser herrlich fruchtigen Salsa?


Für ein Glas mit 1,5 Liter Fassungsvermögen:

  • 5 gelbfleischige Nektarinen (reif aber noch nicht ganz weich, sonst gibt's Matsch)
  • 3 reife, nektarinengrosse Tomaten
  • 3 grosse rote Spitzpaprika
  • 1 grosse rote Zwiebel 
  • 1 grosse Knoblauchzehe
  • 2 grosse Stängel Oregano, Blättchen abgezupft
  • unjodiertes Salz ohne jegliche Zusätze
  • Olivenöl

Früchte und Gemüse kurz abbrausen. Nektarinen entkernen und in kleine Würfel zerteilen. Tomaten und Paprika putzen, und in etwa gleich grosse Stücke schneiden. Zwiebel und Knoblauchzehe schälen und zusammen mit den Oreganoblättchen nicht zu fein hacken. Alles zusammen in einer Schüssel vermischen. Nun den Schüsselinhalt abwiegen, damit die passende Salzmenge ermittelt werden kann. 

Schüsselinhalt geteilt durch 100 = Salzanteil (ein Prozent der Gesamtmenge)
  
Bei mir waren es 1268 Gramm, d.h. 1268 : 100 = 12,68 gr Salz, aufgerundet auf 13 Gramm 

Die Stellen hinter dem Komma dürfen nach Belieben auf- oder abgerundet werden. Fermentieren ist schliesslich keine exakte Wissenschaft und ob der Salzgehalt passt, entscheidet sowieso der Gaumen. Uns reicht ein Prozent, aber es funktioniert auch mit zwei oder maximal drei Prozent Salzgehalt. Abgewogenes Salz mit dem Schüsselinhalt vermischen und abgedeckt 45 Minuten Saft ziehen lassen. Unterdessen das Einmachglas mit Bügelverschluss gründlich reinigen, heiss ausspülen und mit der Öffnung nach unten auf einem Tuch trocknen lassen. Schüsselinhalt samt Saft in das saubere Glas umfüllen. Idealerweise ist das Gemüse nun von der ausgetretenen Flüssigkeit bedeckt. Falls nicht, mit einer sauberen Gabel vorsichtig zusammendrücken, bis genügend Saft vorhanden ist. Mit einer dünnen, etwa zentimeterdicken Ölschicht bedecken. Deckel mit oder ohne aufgelegten Gummiring verschliessen und das Glas an ein warmes, ruhiges Plätzchen ohne direkte Sonneneinstrahlung stellen (sonst mit einem Tuch abdecken). Ideal fürs Fermentieren sind Temperaturen zwischen 18 und 25 Grad. Falls ein Gummiring verwendet wird, sollte das Glas einmal pro Tag geöffnet werden, um Druck abzulassen. Der Gummiring ist wegen der Ölschicht, die schon für ein anaerobes Gärumfeld sorgt, aber eigentlich unnötig. Ich würde ihn nur auflegen, wenn das Glas z.B. in einer winzigen Küche dauernd umplatziert werden muss oder auf einem Tisch steht, wo es von kleinen, grossen und haarigen Mitbewohnern umgeworfen werden könnte. Wenn alles rund läuft, zeigen sich nach 24 - 36 Stunden die erste Bläschen an den Seitenwänden.  Nach 36 - 48 Stunden haben sich die Bläschen vervielfacht. In diesem Stadium wird sich am Boden des Glases Flüssigkeit absetzen. Keine Panik, das ist völlig normal. Nach 48 - 96 Stunden sind an den Seiten und der Oberfläche neben den vielen kleinen auch grosse Bläschen zu sehen. Wichtig: Exakte Zeitangaben zum Fermentierungsprozess sind unmöglich. Deshalb empfehle ich, halbtäglich eine Kostprobe und wenn der Geschmack passt, ist die Salsa fertig. Das kann nach zwei, drei oder auch erst nach fünf Tagen der Fall sein. Wir mögen sie am liebsten nur leicht angesäuert, mit feinem Brizzeln auf der Zunge. Dieses Stadium erreicht die Salsa im Sommer meist schon nach 72 Stunden. Je länger die Salsa fermentieren darf, desto saurer und haltbarer wird sie. Um die Fermentation zu unterbrechen, das Glas unbedingt im Kühlschrank aufbewahren. Haltbarkeit im Kühlschrank: Mindestens eine Woche. Bitte beachten: Es handelt sich bei diesem Rezept um ein Kurzzeitferment, welches nicht den vollständigen Fermentierungsprozess durchläuft und deshalb weder ohne Kühlung noch monatelang haltbar ist. Mehr Infos: Klick

Mittwoch, 22. Januar 2020

Fermentierte Salzzitronen - Ein voller Erfolg!



Anfang 2018 habe ich einen Versuch unternommen, Salzzitronen selber herzustellen. Eigentlich ein unnötiges Experiment, denn in jedem grösseren Supermarché im Elsass sind Salzzitronen fixfertig eingelegt für wenig Geld erhältlich. Aber mich reizte es, die Grenzen der Fermentierungsmöglichkeiten auszutesten. Normalerweise fermentiere ich Gemüse, Früchte und Kräuter mit maximal 2% Salz bezogen auf das Gesamtgewicht, oft auch nur mit der Hälfte oder sogar mit nur einem halben Prozent. Bei einem Salzgehalt von über 5 Prozent wird die Milchsäuregärung schon eingeschränkt, bei über 8 Prozent schon fast ausser Kraft gesetzt. Wie sollte dann eine Fermentierung mit einem Salzgehalt von 10% funktionieren? Genau das wollte ich vor zwei Jahren herausfinden und war leider einige Monate später gezwungen, wegen Schimmelbefall das ganze Glas zu entsorgen. Im Winter 2018, als ich wieder Zugriff auf die guten Zitrusfrüchte aus demeter-Anbau hatte, startete ich eine neue Versuchsreihe. Und siehe da, es klappte! Ob es an der geänderten Vorgehensweise lag oder ob einer der Fermentationsgötter einen guten Tag hatte, blieb damals offen.


Nun, eineinhalb Jahre und acht Gläser Salzzitrusfrüchte später, bin ich sicher, dass die Änderungen schuld am Erfolg sind. Bitte beachten: Bügelgläser sind wesentlich besser geeignet als Gläser mit Drehverschluss, weil sie nicht dauernd geöffnet werden müssen, um Druck abzulassen. Die Zitronen sollten weder behandelt noch gewachst sein. Falls ihr irgendwo Limonettes de Marrakech findet (siehe Foto), unbedingt ein Glas voll mit den aromatischen orangen Früchtchen ansetzen. Ebenfalls geeignet sind Limetten, Mandarinen und Kumquats. Greift einfach zur besten Bioware, die ihr auftreiben könnt. Graues, naturbelassenes Meersalz, verwandelt die Lake in eine unappetitlich trübe Brühe. Das ist zwar nur ein optisches Problem, spielt aber eventuell eine Rolle, wenn ihr einen Teil der Salzzitronen verschenken möchtet. Der Zucker unterstützt den Fermentationsprozess und sollte weder weggelassen noch gegen ein anderes Süsssungsmittel ausgetauscht werden. Ganz wichtig: Zeit. Bis die erste Fermentationsphase beendet ist, d.h. keine Bläschen mehr hochsteigen, vergeht locker ein Monat. Danach sollten die Zitronen mindestens drei Monate im kühlen Keller ruhen. Je länger sie durchziehen dürfen, desto aromatischer werden sie. Profitipp: Die Zitrusfrüchte eignen sich auch für Desserts und Gebäck.


Für ein Einmachglas mit einem Liter Fassungsvermögen:

  • 6 Bio-Zitronen, ca. 600 gr (io: demeter, Primofiore)
  • 1 Stück Cassiarinde, ca. 5 cm lang und 1 cm breit
  • 600 gr Wasser
  • 60 gr unjodiertes Salz ohne Zusätze und Rieselhilfe = 10% der Wassermenge (io: Bio-Meersalz)
  • 30 gr Zucker = 5% der Wassermenge

Das Einmachglas gründlich reinigen, heiss ausspülen und mit kochendem Wasser füllen. Deckel und Gewicht (z.B. ein breiter, flacher Teelichthalter aus Glas) oder Abstandhalter ebenfalls reinigen, abspülen, in eine hitzefeste Schüssel legen und mit kochendem Wasser übergiessen. Die Zitronen unter fliessendem Wasser gut schrubben und abspülen. Auf einem Porzellanteller der Länge nach vierteln, Kerne entfernen. Abgewogenes Wasser mit Salz und Zucker fünf Minuten sprudelnd kochen. Das Wasser aus dem vorgewärmten Glas ausgiessen. Dann zackig das Zimtstück reinlegen, darauf die Zitronenviertel. Vorsichtig mit einem Löffel zusammenquetschen, damit die Viertel möglichst dicht an dicht liegen. Mit der kochenden Lake bis drei Zentimeter unter den Glasrand auffüllen. Gewicht oder Abstandhalter nach Belieben vor dem Einsatz noch mit Wodka einpinseln. Nicht unbedingt nötig, aber ich halte auch niemanden davon ab. Gewicht auf die Zitronen legen. Wie immer gilt: If it's under the brine, everything's fine. Mit dem Deckel verschliessen. In ein Geschirtuch einwickeln und langsam auskühlen lassen. Nach dem Abkühlen das Tuch entfernen und das Glas an einem sonnengeschützten Plätzchen mit etwa 18-25 Grad Zimmertemperatur aufstellen. 


Verlauf: Nach etwa einer Woche sollten sich, wie auf dem Foto erkennbar, erste Bläschen zeigen. In den Tagen danach vermehren sich die Bläschen explosionsartig und feiern eine wilde Orgie. Etwa zwei Wochen nach dem Ansetzen sind die Bläschen vom Feiern so erschöpft, dass sie sich kaum noch bewegen. Eine oder zwei Wochen später, wenn im Glas alles schön ruhig ist, kann das Gewicht/der Abstandhalter entfernt werden. Die Zitronenviertel bleiben nun auch ohne Beschwerung unter der Lake. Mit einer ca. 1,5 cm dicken Schicht Raps- oder Olivenöl begiessen, damit weiterhin ein luftdichter Abschluss gewährleistet ist. Nun die Zitronen mindestens drei Monate ruhen lassen. Manchmal schmeisst der Glasinhalt nochmals eine Party, zu der alle Bläschen eingeladen sind. Keine Angst, die verziehen sich bald und eine Woche später kehrt wieder Ruhe ein. Nach der Ziehzeit können die Viertel in kleinere Gläser umgeschichtet und verschenkt werden. Immer darauf achten, dass die Salzzitronen mit Lake bedeckt sind und ggf. die Ölschicht ergänzen. Wenn sauber gearbeitet wurde, halten sich die Zitronen mindestens ein Jahr. Geöffnete Gläser im Kühlschrank aufbewahren.

Dienstag, 30. Juli 2019

Fermentierte Salsa mit Pfirsichen und Portulak



Fermentierte Salsa gehört seit Jahren zu unserem Feiertagsprogramm: Mit gerösteten Brotscheiben zum Apéro, als Beilage zu allem, was der Grill hergibt, mit Tortillachips zum Absacker und mit Toast als Katerfrühstück... 


Für ein Bügelglas mit mindestens 750 ml Fassungsvermögen:

  • 300 gr grössere Cherrytomaten
  • 2 rote Spitzpaprika 
  • 2 reife Plattpfirsiche 
  • 1 rote Zwiebel
  • 1 Knoblauchzehe
  • 2 Handvoll Portulak
  • 2 Tl frische Oreganoblättchen oder 1/2 Tl getrockneter Oregano
  • Pures, unjodiertes Salz ohne Rieselhilfezusatz (kein aromatisiertes Salz o.ä. / io: Meersalz)
  • Rapsöl 

Gemüse kurz abbrausen. Tomaten in jeweils acht Würfel zerteilen. Paprika putzen und in etwa gleich grosse Stücke schneiden. Pfirsiche häuten, ebenfalls zerstückeln. Zwiebel und Knoblauchzehe schälen und beides fein hacken. Portulak gründlich abbrausen, Blättchen abknipsen und zusammen mit dem Oregano in die Salatschüssel geben. Nun den Schüsselinhalt abwiegen, damit die passende Salzmenge ermittelt werden kann. 

Schüsselinhalt geteilt durch 100 = Salzanteil (ein Prozent der Gesamtmenge)
  
Bei mir waren es 648 Gramm, d.h. 648 : 100 = 6,48 Salz, abgerundet auf 6 Gramm 

Die Stellen hinter dem Komma dürfen nach Belieben auf- oder abgerundet werden. Fermentieren ist schliesslich keine exakte Wissenschaft und ob der Salzgehalt passt, entscheidet sowieso der Gaumen. Uns reicht ein Prozent, aber es funktioniert auch mit zwei oder maximal drei Prozent Salzgehalt. Abgewogenes Salz mit dem Schüsselinhalt vermischen und abgedeckt 30 Minuten Saft ziehen lassen. Unterdessen das Einmachglas mit Bügelverschluss gründlich reinigen, heiss ausspülen und mit der Öffnung nach unten auf einem Tuch trocknen lassen. Schüsselinhalt samt Saft in das saubere Glas umfüllen. Idealerweise ist das Gemüse nun von der ausgetretenen Flüssigkeit bedeckt. Falls nicht, mit einem sauberen Löffel vorsichtig nachhelfen, bis genügend Saft vorhanden ist. Mit einer dünnen, etwa zentimeterdicken Ölschicht bedecken. Deckel mit oder ohne aufgelegten Gummiring verschliessen und das Glas an ein warmes, ruhiges Plätzchen ohne direkte Sonneneinstrahlung stellen (sonst mit Tuch abdecken). Ideal sind Temperaturen zwischen 18 und 25 Grad. Falls ein Gummiring verwendet wird, sollte das Glas einmal pro Tag geöffnet werden, um Druck abzulassen. Der Gummiring ist wegen der Ölschicht, die schon für ein anaerobes Gärumfeld sorgt, aber eigentlich unnötig. Würde ihn nur auflegen, wenn das Glas z.B. in einer winzigen Küche dauernd umplatziert werden muss oder auf einem Tisch steht, wo es von kleinen, grossen und haarigen Mitbewohnern umgeworfen werden könnte.


Wenn alles rund läuft, zeigen sich nach 24 - 36 Stunden die erste Bläschen an den Seitenwänden.  


Nach 36 - 48 Stunden haben sich die Bläschen vervielfacht. In diesem Stadium wird sich am Boden des Glases Flüssigkeit absetzen. Keine Panik, das ist völlig normal.


Nach 48 - 96 Stunden sind an den Seiten und der Oberfläche neben den vielen kleinen auch grosse Bläschen zu sehen. Wichtig: Exakte Zeitangaben zum Fermentierungsprozess sind unmöglich. Deshalb empfehle ich, halbtäglich eine Kostprobe und wenn der Geschmack passt, ist die Salsa fertig. Das kann nach zwei, drei oder auch erst nach fünf Tagen der Fall sein. Wir mögen sie am liebsten nur leicht angesäuert, mit feinem Brizzeln auf der Zunge. Dieses Stadium erreicht die Salsa im Sommer meist schon nach 72 Stunden. Je länger die Salsa fermentieren darf, desto saurer und haltbarer wird sie. Um die Fermentation zu unterbrechen, das Glas unbedingt im Kühlschrank aufbewahren. Haltbarkeit im Kühlschrank: Mindestens eine Woche. Bitte beachten: Es handelt sich bei diesem Rezept um ein Kurzzeitferment, welches nicht den vollständigen Fermentierungsprozess durchläuft und deshalb weder ohne Kühlung noch monatelang haltbar ist. Mehr Infos: Klick

Sonntag, 29. Juli 2018

Leaf to Root: Tepache de piña aus Ananasstrünken



Ab und zu gönne ich mir eine Ananas. Bevorzugt in Bioqualität, und manchmal finde ich mit viel Glück sogar eine biologisch-dynamisch angebaute Frucht. Mich reut dann, auch wegen des hohen Einkaufspreises, jedes Fitzelchen, das ungenutzt im Kompost landet. Auf der Suche nach Verwertungsmöglichkeiten, fand ich auf einem mexikanischen Selbstversorgerblog eine Anleitung für Tepache aus Ananasschalen. 


Tepache, in Südamerika auch Chicha genannt, ist ein fermentierter Fruchwein, welcher ähnlich wie Federweisser/Sauser, zuerst angenehm spritzig-süffig ist. Je länger die Flüssigkeit fermentiert, desto alkoholhaltiger und säuerlicher wird das Getränk. Die Fermentation verläuft wild, d.h. ohne Zugabe von Startern oder Hefe. Aus diesem Grund ist Tepache besonders bei der ärmeren Bevölkerung Mittel- und Südamerikas beliebt, denn zur Herstellung benötigt man nur reife Früchte, Zucker, Wasser und einen Behälter mit Deckel.


In Mexiko wird Tepache de piña auf drei verschiedene Arten angesetzt: Mit zerkleinerten Früchten, nur mit Schalen und Rüstabfällen oder alleine aus den Strünken. Jede Methode hat Vor- und Nachteile, doch für uns Europäer sind eigentlich nur die folgenden Fragen interessant: Wurde die gekaufte Ananas mit Herbiziden und/oder Insektiziden besprüht? Falls zutreffend: Will ich dieses Zeug, aufgelöst im Tepache, zu mir nehmen?


Klare Antwort: Non, merci. Selbst bei normaler Bioware besteht ein Restrisiko, dass eventuell vorhandene, unappetitliche Rückstände durch die Fermentation in das Getränk gelangen könnten. Ausnahmen mache ich nur für demeter-zertifizierte Ananas, deren Importmenge aber leider äusserst gering ist. Bei Früchten aus konventionellem (Bio-)Anbau scheint es also sinnvoller, Tepache nur mit den Strünken anzusetzen. 


Für etwa 850 ml:

  • Strunk einer richtig reifen Ananas
  • 80 gr Palm-, Kokosblüten- oder Vollrohrzucker (io: Kokoszucker von Madal Bal)
  • Unzerkleinerte Gewürze nach Belieben*

Ein Bügel- oder Einmachglas mit einem Liter Fassungsvermögen gründlich mit heissem Wasser und Abwaschmittel reinigen. Ausgiebig mit kaltem Wasser abspülen. Ananas schälen, der Länge nach vierteln. Den hölzernen Mittelteil jedes Viertels wegschneiden. Das Fruchtfleisch gleich verspeisen oder anderweitig verwenden. Die Strunkstücke in das gereinigte Glas legen, Zucker zugeben. Mit kaltem Wasser bis etwa 3 cm unter den Rand auffüllen (siehe zweites Foto). Umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Glas verschliessen und in einen tiefen Suppenteller stellen. An einem etwa 20-25 Grad warmen Plätzchen ohne direktes Sonnenlicht zwei bis drei Tage fermentieren lassen. Bügelgläser müssen für einen Druckausgleich nicht geöffnet werden, Gläser mit Drehdeckelverschluss sollten mindestens einmal pro Tag aufgeschraubt werden. Falls die Fermentation ziemlich heftig abläuft, kann es passieren, dass trotz des Sicherheitsabstandes Flüssigkeit aus dem Glas rausblubbert. Darum der Suppenteller. Das Tepache ist fertig, wenn beim Bewegen des Glases viele kleine Bläschen erscheinen, die hurtig an die Oberfläche steigen. Geruch und Geschmack sollten angenehm spritzig-säuerlich sein. Bei einer längeren Fermentationszeit steigert sich der Säure- und Alkoholgehalt. Geschmacklich ist dies aber keine Bereicherung. Es sei denn, man möchte Ananasessig herstellen... Wenn der Geschmack passt, das Tepache absieben und die Flüssigkeit in eine sauber gereinigte, ein Liter fassende PET-Flasche umfüllen. Deckel gut zudrehen und nochmal ein paar Stunden fermentieren lassen. Gleich nach dem Umfüllen kann die Flasche noch eingedrückt werden, ein paar Stunden später wird sie nur noch starkem Druck nachgeben oder sogar bretthart sein. Wenn dies zutrifft, Deckel aufdrehen, um Druck abzulassen. Sonst noch ein paar Stunden weiter gären lassen. Tepache anschliessend über Nacht im Kühlschrank durchkühlen und mit oder ohne Eis servieren. Möglichst innerhalb einer Woche aufbrauchen.

Im Ursprungsland werden zur Aromatisierung oft noch Zimtstangen, Piment und Gewürznelken zugegeben. In einer kürzlich angeschauten Reportage über mexikanische Gefängnisse, erzählte ein Insasse, dass sie ihren Ansatz gerne mit Tabak verfeinern. Das ergibt dann ein "männliches" Tepache mit Bitter- und Rauchnoten. Für einen Versuch lieber auf Lapsang Souchong oder mild geräucherten Schwarztee ausweichen. Ist gesundheitlich garantiert unbedenklicher, siehe Agatha Christies Kriminalroman Nikotin. 😉

Sonntag, 11. Februar 2018

Leider keine fermentierten Salzzitronen....



Die Rubrik Fermentation wurde in den letzten zwei Jahren ein wenig vernachlässigt. Das bedeutet aber nicht, dass ich während dieser Zeit untätig war. Im Gegenteil. Momentan stehen im Kühlschrank zum Beispiel Gläser mit fermentiertem Apfel-Rotkraut, Cashewkäse, Kurkuma-Karotten, Ketchup und Salsa aus Ananas. Alles rundum njammi, und trotzdem präsentiere ich euch heute ein "misslungenes" Rezept für fermentierte Salzzitronen. Natürlich drängt sich nun die Frage auf, warum ich eine halbgare Anleitung veröffentliche, statt herumzutüfteln und irgendwann später das erfolgreiche Endergebnis zu präsentieren. Ganz einfach: Die Zitrussaison neigt sich leider wieder einmal dem Ende zu und die richtig guten Bio-Zitronen sind bald ausverkauft. Ich würde zu gerne einen weiteren Anlauf wagen, aber Herr C., der alte Meckerfritze, ist ein Zitrusschalenverächter und because a little goes a long way, wäre ein zweites Glas pure Verschwendung. Hoffentlich habt ihr beim Fermentieren dieses Mal mehr Glück als ich und wenn es geklappt hat, würde ich mich über eine Rückmeldung in Form eines Kommentares sehr freuen.


Für ein Glas, angesetzt am 14. Januar 2018:

  • 5 Zitronen / 542 gr (demeter, Sorte Primofiore, Sizilien)
  • 54 gr graues, unbehandeltes Meersalz  = 10% der Zitronenmenge
  • 2 Lorbeerblätter
  • 1 dünnes Streifchen Cassiazimt (5 cm x 1 cm)
  • evt. zusätzliche Zitronen
  • evt. zusätzliches Meersalz

Ein Bügelglas mit einem Liter Fassungsvermögen gründlich reinigen und anschliessend mit kochendem Wasser füllen. Deckel und Gummiring ebenfalls gründlich reinigen, in eine hitzebeständige Schüssel legen und mit kochendem Wasser gänzlich übergiessen. Die Zitronen unter fliessendem, warmen Wasser abschrubben. Danach vierteln, aber an einem Ende nicht ganz durchschneiden, damit die Frucht noch zusammenhält. Sichtbare Kerne mit der Messerspitze entfernen. Heisses Wasser ausleeren, Lorbeerblätter und Zimt auf den Boden des Glases legen. Je ein Teelöffel Salz in geöffneten Zitronen geben, zusammendrücken und dicht an dicht ins Glas pressen. Am Schluss mit einem Holzstössel drücken und stampfen, damit möglichst viel Saft herausgepresst wird. Falls der vorhandene Saft die Zitronen nicht bedeckt, die zusätzlichen Zitronen auspressen (io: 4 Stück). Den ausgepressten Saft abwiegen und mit 10% unbehandeltem Meersalz vermischen. Beispiel: 220 gr Saft & 22 gr Salz. Mit soviel Zitronenlake auffüllen, bis alle Früchte bedeckt sind. Mit einem Gewicht beschweren oder einen Abstandhalter verwenden, da die Früchte auftreiben. Glas verschliessen, an ein warmes Plätzchen stellen (mind. 18 Grad) und tagtäglich während der ersten Woche bewegen, damit sich das Salz auflöst. Mindestens einen Monat - besser 2-3 Monate - fermentieren lassen. Anleitung: Wilde Fermente

So, nun folgen meine Anmerkungen: Nächstes Mal werde ich von Anfang an alle Zitronen der Länge nach vierteln, und ein Glas mit maximal 750 ml Fassungsvermögen verwenden. Zerteilt können die Zitronen nämlich dicht nebeneinander in das Glas geschichtet werden. Dadurch entstehen weniger Zwischenräume, die mit zusätzlichem Saft gefüllt werden müssen. Die Viertel lassen sich auch wesentlich besser entkernen, denn die Kerne zieht es zur Oberfläche und dies erhöht das Schimmelrisiko. Generell lieber Zitronensorten auswählen, die kernarm sind. Graues Meersalz und Zitronensaft ergibt eine trübe Lake, die sich zwar nach ein paar Tagen klärt, aber einen unschönen gräulichen Bodensatz hinterlässt. Zumindest ist es nur ein rein optisches Problem. Falls zusätzlicher Saft verwendet wird, diesen unbedingt durchsieben, weil die Fitzel, wie die Kerne, die Schimmelbildung begünstigen. In den ersten zwei, drei Tagen konnte ich minimalste Blubberbläschenbildung beobachten, danach bewegte sich nichts mehr. Dafür war nach etwa einer Woche beim Öffnen ein milder, aber nicht gerade angenehmer Nebengeruch wahrnehmbar, so in Richtung ungelüfteter Estrich. Allerdings müffelten weder die Lake noch die Zitronen bei anschliessenden Kostproben. Komische Sache. Ich schiebe es auf den zu grossen Abstand bis zum Glasdeckel, d.h. zuviel Sauerstoff, denn das 1000 ml fassende Einmachglas war nur zu ca. 70% gefüllt. Am 10. Februar fielen mir am Gummiring und am Abstandhalter je zwei kleine, weisse Schimmelflecken auf. Aus diesem Grund habe ich die Salzzitronen in Viertel geschnitten und in ein ausgekochtes Glas mit 500 ml Fassungsvermögen umgeschichtet. Die Schimmelbildung wurde wahrscheinlich durch das Schütteln während der ersten Woche begünstigt, u.a. weil die Zitronenfitzelchen überall kleben blieben. Um weiteren unangenehmen Überraschungen vorzubeugen, habe ich zusätzlich den neuen Abstandhalter vor der Verwendung in Gin gebadet, ebenso die Innenseite des Glasdeckels. Nachdem ich die Zitronen umquartiert hatte, wurden sie locker zusammengepresst, zur Sicherheit mit einem Esslöffel voll grobem Meersalz bestreut und bis einen Zentimeter unter den Rand mit durchgesiebtem Saft bedeckt. Der Glasrand wurde innen und aussen mit Gin abgerieben. Danach habe ich das Glas gut verschlossen und nun steht es im Schrank, wo es, hoffentlich unbehelligt, weitere zwei Monate verbringen wird. Wie gesagt, Lake und Zitronen schmecken 1A, sonst hätte ich den Glasinhalt nicht umgefüllt, sondern gleich entsorgt. 


Sonntag, 10. September 2017

Kapuzinerkapern, fermentiert



Vor einigen Jahren begannen wir im Schrebergarten mit diversen Pflanzen als natürliche Bodendecker zu experimentieren. Dieses Vorgehen hat verschiedene Vorteile: Die Erde trocknet langsamer aus, Unkrautbildung und Erosion werden vermindert, Blühpflanzen locken Bienen an, der Schädlingsbefall reduziert sich, Krankheiten können verhindert werden und im besten Fall ist die Unterbepflanzung auch noch essbar, wie zum Beispiel die Kapuzinerkresse. Mindestens zwei Felder breit darf sich die selbstaussäende Kapuzinerkresse bei uns jedes Jahr austoben, und belohnt die Umwelt dafür bis in den späten Herbst mit einem bunten Blütenmeer. Nach dem Verblühen bilden sich unzählige Samenkapseln, die roh ziemlich scharf sind, nach der Fermentation aber angenehm mild-würzig schmecken. So schliesst sich der Jahreskreis in puncto einheimische Kapern: Begonnen hat er mit den Löwenzahnkapern im Frühling, die sommerliche Fortsetzung waren die Kapern aus unreifen Holunderbeeren und der krönende Abschluss sind die fermentierten Kapuzinerkressekapern, die im Kühlschrank mindestens so lange haltbar sind, bis die nächste Löwenzahnsaison beginnt.

Zutaten:

  • grüne Samenkapseln der Kapuzinerkresse, je mehr desto besser
  • Johannisbeerblatt zum Abdecken oder ein passendes Gewicht aus Ton, Glas, Stein etc.
  • Wasser mit 2% Meersalz 

Kapseln vom Stiel befreien, in einzelne Samen zerteilen und gründlich abbrausen. Abtropfen lassen und in nicht zu grosse, peinlich saubere Einmachgläser verteilen. Ideal sind Gläser mit 150-250 ml Füllmenge und Schraub- oder Drahtbügelverschluss. Die Gläser höchstens 3/4 hoch befüllen und die Samen mit einem grossen Johannisbeerblatt abdecken oder mit einem passenden Gewicht beschweren. Die zweiprozentige Salzlake grosszügig anrühren, z.B. 250 gr Wasser und 5 gr Salz für ein Glas mit 250 ml Fassungsvermögen. Mit der Lake bis ca. 2 cm unter den Glasrand übergiessen. Deckel schliessen und an einem warmen Plätzchen (18-22 Grad) ausserhalb direkter Sonneneinstrahlung fermentieren lassen. Nach 12-24 Stunden hat sich ein starker Druck aufgebaut, der je nach Deckelart manuell abgelassen werden muss. Keine Sorge, wenn der Inhalt übersprudelt, das ist völlig normal. Ein Untersetzer (z.B. Dessertschälchen, Suppenteller), wie auf dem Bild zu sehen, ist daher wirklich empfehlenswert. Der Glasinhalt riecht während der ersten Zeit unangenehm schwefelig und blubbert ziemlich stark, aber nach 1-2 Tagen legt sich beides. Wenn nach ca. 4-5 Tagen keine wilde Bläschenaktivität mehr sichtbar ist, ist die Fermentation abgeschlossen. Die Gläser sollten an einem kühlen Ort (Keller, Kühlschrank) aufbewahrt werden. Wenn sauber gearbeitet wurde, halten sich die Kapern locker 6-12 Monate.

Samstag, 8. August 2015

Fermentierter Krautsalat (und ein paar generelle Tipps)



Herr C. ist ein Sauerkrautvernichter erster Güte. Allerdings reden wir hier nicht von dem in Dosen eingepferchten Zeug, sondern von frischem, rohem Sauerkraut. Er kauft es sich säckchenweise, zum Beispiel auf einem Markt oder im Bio-Laden, und isst es dann als Salat. Früher fand ich diese Vorliebe, mit Verlaub, ziemlich pervers. Sauerkraut konnte ich schon als Kind nicht leiden, obwohl meine Mutter die Dosenware ganz nett aufpimpte. Und dann lerne ich den Mann meines Lebens kennen und der pfeift sich ROHES Sauerkraut en masse rein! Gipfel der Ekligkeit! Das musste ich erst einmal verdauen. Jahre später bat ich ihn um eine Kostprobe aus einem frisch erworbenen Säckchen. Verwundert stellte ich fest, dass ungekochtes Sauerkraut ganz anders schmeckt als die eingedosten Versionen. Anders und gut. Erstaunlich.


Mutig geworden, brachte ich nun öfters Kostproben von diversen Ausflügen mit. Einige waren hervorragend, andere ganz okay. Das schlimmste Erlebnis hatten wir mit einer überteuerten Portion eines bekannten demeter-Gemüseproduzenten. Das Kraut schmeckte nach Plastik, hatte keinerlei wahrnehmbare Säure und war gummig-lätsch. Verärgert beschloss ich, dass ich das besser kann. Herr C. lachte mich natürlich kräftig aus. Doch bald blieb ihm das Lachen im Hals stecken, denn meine Experimente waren essbar, im Gegensatz zum demeter-Kraut. Allerdings hatte ich gleich mehrere Abkürzung genommen: Kleine Portionen, weniger Salz und abgekürzte Gärzeit. Denn mein Schwerpunkt liegt nicht auf der Haltbarmachung/Bevorratung von unzähligen Kohlköpfen, sondern auf der Herstellung von Salaten und Beilagen für den baldigen Verbrauch. Diese halten sich, wegen der verkürzten Fermentierung, nur ein bis zwei Monate, aber das reicht uns völlig. Nach spätestens einer Woche sind die Gläser sowieso leer.


Generell gilt: Je feiner Kraut und anderes Gemüse gehobelt oder geschnitten wird, desto schneller kommt die Milchsäuregärung in die Gänge. Ein Hobel und eine Julienneraffel sind hierbei sehr nützlich, aber keine Voraussetzung. Ein scharfes Messer und ein grosses Brett tun es auch. Die Salzmenge sollte nicht mehr als 1-2% des Gemüsegewichtes betragen. Am besten eignen sich Gläser mit Bügelverschluss oder Weckgläser. Es funktioniert auch mit ganz normalen Einmachgläsern mit Drehverschluss, dann aber denn Deckel nicht ganz zudrehen oder täglich aufdrehen, um Druck abzulassen. Die ideale Temperatur liegt zwischen 18 und 22 Grad, und direkte Sonnenbestrahlung ist eher kontraproduktiv. Weil sich die oberste Schicht auf alle Fälle unappetitlich braun verfärbt und schlimmstenfalls zu schimmeln beginnt, sollte nicht ohne Abdeckung und/oder Beschwerung fermentiert werden. Am einfachsten geht es mit einem Kohlblatt, das auf die entsprechende Grösse zugeschnitten wird. Damit das Gemüse gänzlich unter der Lake schwimmt, beschwere ich alles noch mit passende Porzellanuntersetzern oder durchsichtigen Teelichthaltern aus Glas. Andere Varianten sind spezielle Gärtopfgewichte, Abstandhalter aus Plastik, abgekochte Steine oder mit Wasser gefüllte Ziploc-Beutel. Bitte unbedingt darauf achten, dass als Beschwerung keine Gegenstände aus Bleikristall oder Plastik, welches nicht lebensmittelecht ist, verwendet werden. Füllstopp ist spätestens 5 cm unterhalb des Glasrandes, damit während der heissen Phase nichts überläuft. Meine Devise lautet: 4/5 Gemüse und 1/5 Luft. Zur Sicherheit stelle ich die Gläser aber immer noch in einen Suppenteller. Falls die Lake rausblubbert, sammelt sie sich zumindest ordentlich im Untersetzer. Habe ich noch etwas vergessen? Ah ja, die Fermentationszeit. Die richtet sich ganz nach eurem Geschmack. Mindestens zwei, maximal sieben Tage bei mir. Probieren geht hier definitiv über studieren. Und Kostproben werden selbstverständlich nur mit sauberem Besteck entnommen, gell? Dann entweder noch länger draussen stehen lassen oder wenn der Geschmack passt, in den Kühlschrank verfrachten. Seit ich meine Küche in ein riesiges Fermentierungslabor verwandelt habe, schleicht Herr C. beinahe täglich zum Kühlschrank und mopst sich voller Freude Schüsselchen voll Krautslaw, Karottensalat oder fermentierter Salsa. Ein grösseres Kompliment könnte er mir gar nicht machen.


Für ein Glas mit 1 Liter Fassungsvermögen:

  • 1 kleiner Kopf Weisskraut, ca. 600 Gramm 
  • 2-3 grosse Karotten
  • 2 mittlere Spitzpeperoni
  • 1 grosser Apfel
  • Meersalz
  • 1 Knoblauchzehe, in Julienne
  • 4 Wacholderbeeren
  • 2 Pimentkörner
  • 1 Lorbeerblatt

Zuerst den Krautkopf vom äussersten Blatt befreien, waschen und fein hobeln oder schneiden. Strunk entsorgen. Karotten sauber schrubben oder schälen, Enden kappen und in feine Juliennestreifen hobeln oder schneiden. Peperoni waschen, Stielansätze, Scheidewände und Kerne entfernen. In feine Streifen schneiden. Apfel schälen und ebenfalls in Julienne hobeln. Vorbereitetes Gemüse wiegen, um die passende Salzmenge zu ermitteln. 

450 gr Kraut + 150 gr Karotten + 80 gr Peperoni + 130 gr Apfel = 810 Gramm

810 Gramm : 100 = 8,10 Gramm Salz = 1 Prozent der Gemüsemenge

Alle Zutaten in einer grossen Schüssel vermischen und etwa 15 Minuten mit den (behandschuhten) Händen durchkneten, bis das Gemüse weicher geworden und reichlich Saft ausgetreten ist. Schüssel abdecken und 10 Minuten durchziehen lassen. Unterdessen Glas, Deckel und Gummi gründlich mit heissem Wasser und Spülmittel reinigen, mit reichlich kaltem Wasser nachspülen. Oder das Glas mit kochendem Wasser füllen und mindestens 5 Minuten stehen lassen. Sterilisieren ist wahrscheinlich übertrieben, aber ich halte niemanden davon ab. Krautsalat in das vorbereitete Glas umfüllen und mit einem Stampfer oder Löffelrücken kräftig zusammendrücken, damit so viele Luftbläschen wie möglich herausgedrückt werden. Ausserdem soll der Saft das Gemüse mindestens einen Zentimeter hoch bedecken. Sichtbare Lufteinschlüsse mit einem Essstäbchen oder Löffelstiel anpiksen. Mit einem oder mehreren gewaschenen Blättern abdecken und beschweren. Deckel schliessen, Suppenteller unter dem Glas platzieren und an einem warmen Plätzchen fermentieren lassen.


Die ersten 12-24 Stunden wird sich nicht viel tun, aber innerhalb der nächsten 24-48 Stunden werden zuerst kleine, dann grössere Bläschen sichtbar. Eventuell setzt sich unten die Flüssigkeit ab und der Salat wird nach oben gedrückt. Keine Panik, das ist alles ganz normal. Und wie schon oben geschrieben, regelmässig verkosten. Wenn der gewünschte Säuregrad erreicht ist, das Glas in den Kühlschrank stellen. Dadurch wird die Fermentation massiv verlangsamt. Wahrscheinlich wäre der Glasinhalt noch länger haltbar, aber ich empfehle, ihn innerhalb eines Monats aufzubrauchen. Wird eine längere Haltbarkeit gewünscht, muss die Fermentationszeit verlängert und eventuell die Salzmenge erhöht werden. Krautslaw schmeckt pur schon sehr gut, kann aber auch beispielsweise mit geröstetem Sesamöl und Pfeffer verfeinert werden.

Dienstag, 24. Februar 2015

Rezension: Milchsauer eingelegt von Claudia Lorenz-Ladener

 

In einigen älteren Büchern wird milchsaures Einlegen in Form von Sauerkraut- oder Sauerrübenrezepten kurz angetippt. Aber das beinahe jede Gemüsesorte, und auch viele Früchte, auf diese Art konserviert werden können, ist nur wenigen bekannt. Darum freut es mich natürlich besonders, dass vor kurzem im ökobuch Verlag ein ganzes Buch zu dieser alten, fast vergessenen Methode der natürlichen Haltbarmachung erschienen ist.

Erster Eindruck:
Das Buch hat ein handliches Format, angenehme Seitendicke und braucht dank dem stabilen Einband auch keinen Schutzumschlag. 116 Seiten hören sich zuerst ein wenig mickrig an, aber auf denen findet sich (fast) alles, was man zum Thema Milchsäuregärung schon immer wissen wollte. Ergänzt werden die Texte mit vielen Fotos. Nützliche Zusatzinformationen sind durch einen gelben Hintergrund hervorgehoben.

Innenleben:
Im Vorwort erzählt die Autorin, wie sie zum milchsauren Einlegen kam. Kaum verwunderlich, dass dabei auch das Buch The Art of Fermentation von Sandor E. Katz eine grosse Rolle spielte. Im ersten Kapitel wird erklärt, was Milchsäuregärung überhaupt ist, was sie bewirkt und wie der Vorgang abläuft bzw. ablaufen sollte. Im zweiten Kapitel dreht sich alles um die Milchsäuregärung in der Praxis. Auf der ersten Seite werden die sechs wichtigsten Schritte bis zum milchsauer vergorenen Gemüse zusammengefasst und weiter hinten ausführlich behandelt. Ausserdem wird nicht zu knapp auf die Behälterauswahl, Vor- und Nachteile von offener Gärung, Gärung im Gärtopf und Kunstoffbehältern eingegangen. Danach erfährt man, warum Salz bei der ganzen Sache eine so wichtige Rolle spielt, welche Gewürze und Kräuter sich zum Einlegen eignen und wieso Blätter von gewissen einheimischen Bäumen und Sträuchern (z.B. Eiche, schwarze Johannisbeere) den Gärverlauf positiv beeinflussen können. Weiter geht es mit mit der Frage, ob Starterkulturen einen Vorteil bringen, wie Gemüse beschwert werden kann und unter welchen Bedingungen die Erfolgsaussichten am grössten sind. Besonders hervorheben möchte ich die letzte Seite des Kapitels, auf der verschiedene Arten von Fehlgärungen erklärt und abgebildet wurden. Die Fotos sind nicht wirklich appetitlich, aber vor allem für Anfänger sehr nützlich. Das dritte Kapitel, der Praxisteil, nimmt die meisten Seiten des Buches ein. Alphabetisch geordnet werden die Gemüsesorten vorgestellt, die jeweilige Eignung für die milchsaure Gärung eingeschätzt, danach folgen die Rezepte. Bei vielen hat die Autorin am Ende noch ihre persönliche Erfahrung in Form eines kurzen Kommentars angehängt. Den Früchten werden leider nur zwei Seiten gewidmet, dieser Teil ist definitiv noch ausbaufähig. Im vierten Kapitel finden sich ein paar Rezeptideen für fertig fermentiertes Gemüse und eine ausführliche, interessante Literaturliste.

Zum Schluss hätte ich noch drei wünzige Kleinigkeiten zu bemängeln. Der Untertitel "Gemüse gesund und schnell haltbarmachen" ist irreführend, denn unter "schneller Haltbarmachung" verstehe ich Rezepte, die sich in maximal einer halben Stunde von A bis Z bewerkstelligen lassen. Es zählt ja nicht nur die Vorbereitung, die wirklich nur wenige Minuten beansprucht, sondern der ganze Prozess an sich, der bei der Milchsäuregärung Wochen oder sogar Monate braucht. Also nix mit Geschenken in letzter Minute oder so. Vielleicht wäre das Wörtchen einfach in diesem Fall treffender. Auf den ersten Blick wirkt das Layout ein wenig chaotisch, besonders weil der Text abwechselnd ein- und zweispaltig ist. Nach ein paar Seiten hat man sich daran gewöhnt, aber teilweise sieht es ein bisschen überbordend aus. Richtig störend finde ich die manchmal ellenlangen Quellen/URL-Adressen unter Texten und Zitaten aus dem Internet. Eine elegantere Lösung wäre ein nummeriertes Quellenverzeichnis am Ende des Buches. 

Fazit: 
Meiner Meinung nach ist es das bisher überzeugendste deutschsprachige Buch zum Thema Milchsäuregärung. Klar aufgebaut, übersichtlich und praxisnah. Besonders für Anfänger sehr empfehlenswert, aber auch Fortgeschrittene können daraus noch einiges lernen.

Zum Abschluss noch das Kleingedruckte:
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen
und wurden von niemandem beeinflusst. Einen ganz herzlichen Dank an den ökobuch Verlag, 
der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

Mittwoch, 11. Februar 2015

Rezension: So einfach ist Fermentieren von Sandor E. Katz

                                                 
Sandor Ellix Katz ist DER Fermentationsguru aus den USA. Seine zwei bisher erschienen Bücher Wild Fermentation und The Art of Fermentation sind Standartwerke zu diesem Thema. Ersteres besitze ich schon länger als E-Book, das zweite seit letztem Herbst in gedruckter Form. Obwohl meine Englischkentnisse normalerweise ziemlich ausreichend sind, kam ich bei mehreren Textstellen leicht ins Schleudern. Liegt wohl auch daran, weil ich in Chemie den Fensterplatz in der hintersten Reihe belegt hatte. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, ob die Lehrperson männlich oder weiblich war. Ähem.... Zurück zum Thema. Jedenfalls hatte ich in diesem Post schon einmal meiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass beide Bücher möglichst bald auf Deutsch erscheinen. Der Kopp Verlag hat meinen Wunsch erhört und letztes Jahr erschien So einfach ist Fermentieren, die Übersetzung von Wild Fermentation. Auf meine Anfrage hin wurde mir freundlicherweise völlig unkompliziert ein Rezensionsexemplar überlassen.

Nachdem ich etwa ein Drittel des Buches gelesen hatte, begann die anfängliche Begeisterung ein wenig abzuebben. Ich fand mehrere Übersetzungsfehler, die mit ein bisschen mehr Sorgfalt vermeidbar gewesen wären. Beispielsweise wird Kapuzinerkresse, trotz botanischer Bezeichnung und Illustration, fälschlich als Brunnenkresse aufgeführt. Monarda didyma ist der lateinische Name für Goldmelisse. Orangen- und Zitronenmelisse gehören zwar auch zur Familie der Lippenblütler, können aber weder geschmacklich noch farblich die Blütenblätter der Goldmelisse ersetzen. Ein weiteres Beispiel: Farmer Cheese, ein einfacher Frischkäse, ist definitiv kein Hüttenkäse. Weiter hinten im Buch werden Diospyros virginiana erwähnt, die einen hässlichen adstringierenden Nachgeschack haben, wenn sie unreif gegessen werden. In diesem Fall handelt es sich also um eine Kakisorte und nicht um Persimonen. Bezeichnungen wie ungebleichtes Mehl und gerollte Haferflocken sind nicht völlig falsch, da sie Wort für Wort übersetzt wurden. Aber sie sind für uns Mitteleuropäer trotzdem unverständlich bzw. sinnbefreit, da hier erhältliches Mehl nicht gebleicht wird (das ist eine amerikanische Unsitte) und Haferflocken durch den Zusatz "zart" oder "grob" unterschieden werden. Steel Cut Oats ist übrigens die amerikanische Bezeichnung für Haferschrot. Es ist keine Flockenart, wie im Buch angegeben. Bei solchen Schnitzern drängt sich leider der Verdacht auf, dass die Übersetzerin sich sonst nicht allzu häufig mit kulinarischen Themen befasst.

Aber bitte lasst euch von der obigen Aufzählung nicht abschrecken, denn als Gesamtpaket ist das Buch die richtige Lektüre für alle, die eine undogmatische Einführung zum Thema Fermentation suchen. Es ist sehr persönlich gehalten, man erfährt einiges über den Autor, seine Freunde und seine spezielle Lebensart in einer kleinen, abgeschiedenen Kolonie. Die Rezepte und Anleitungen sind allerdings nichts für Leute, die ohne exakte Angaben nicht auskommen können. Abgewogen wird nur selten. Meistens werden die Zutaten in Hohlmassen angegeben, was beispielsweise bei Bohnen, Löwenzahn oder Zwiebeln reichlich exotisch wirkt. Herr Katz scheint am liebsten mit dem Messbecher zu hantieren, und das bei der Vielzahl der verwendeten Zutaten auf eine Übertragung in Gramm und Kilo verzichtet wurde, ist verständlich. Vielleicht verringert es sogar die Berührungsangst, denn ein paar Gramm mehr oder weniger beeinflussen normalerweise den Fermentationsprozess in keinster Weise. Ausnahme: Salzmengen sollten penibel eingehalten werden. Der Autor empfiehlt, sich einfach ins Vergnügen zu stürzen, mutig zu sein und falls es wider Erwarten nicht geklappt hat, nochmal von vorne anzufangen. Man soll sich auch nicht einfach blind auf die Angaben im Buch verlassen, sondern wird aufgefordert, alle zur Verfügung stehenden Sinne einsetzen. Schmeckt der äthiopische Honigwein angenehm? Sind die eingelegten Dillgurken knackig oder weich? Ist die Lake klar oder getrübt? Knistern die Bläschen, wenn das Glas mit dem Ingwerbug bewegt wird? Fermentieren ist keine exakte Wissenschaft, nur durch experimentieren, beobachten und ständiges Probieren kann man sich auf diesem Gebiet weiterbilden. Und genau das ist der Spass daran. Wie ein Chemiebaukasten für kulinarisch interessierte Tüftler, falls es so etwas geben würde. Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt ist, dass die meisten fermentierten Lebensmittel länger haltbar sind als in ihrem Urzustand. Ob sie auch eine positive Auswirkung auf die Gesundheit haben, lasse ich an dieser Stelle offen. Sandor E. Katz ist jedenfalls felsenfest davon überzeugt. Apropos Gesundheit: Ich würde seinen Ratschlag, eventuell auftauchenden Schimmel einfach abzuschöpfen, mit Vorsicht geniessen. Dieses Vorgehen ist nicht ganz unumstritten und sollte nur von erfahrenen Fermentierern angewendet werden.

Fazit: Als Einstieg zum Thema Fermentation empfehlenswert. Wer grammgenaue Mengenangaben und narrensichere Anleitungen braucht, sollte sich lieber Milchsauer eingelegt von C. Lorenz-Ladener besorgen.

Zum Abschluss noch das Kleingedruckte:
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten und Meinungen sind zu 100% die Meinigen und wurden von niemandem beeinflusst. Einen ganz herzlichen Dank an den Kopp Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.


Donnerstag, 3. Juli 2014

Die mit Spannung erwartete Fortsetzung: Fermentierte Limonade



Wie versprochen, folgen nun die Rezepte für fermentierte Limonade mit dem Ingwer- oder Kurkumabug. Voraussetzung ist eine lebendige Ursuppe, ohne die läuft bzw. blubbert hier nichts. Wie diese Ursuppe angesetzt wird (und weitere Grundlagen) könnt ihr hier nachlesen.

Nach 12 Stunden

Der zugesetzte Zucker, und der in Säften vorhandene Fruchtzucker, werden während des Prozesses beinahe gänzlich "aufgefressen", also nicht damit sparen oder die Fermentationszeit entsprechend abkürzen. Je länger die Fermentation, desto stärker das Geblubber. Mais attention: Der Geschmack beginnt irgendwann in Richtung unangenehm sauer zu tendieren. Deshalb häufig probieren und wenn's passt, umgehend abfüllen und am besten in den Kühlschrank stellen.

Nach 24 Stunden (idealer Zustand zum Abfüllen)

Die ersten Schritte bleiben bei jedem Limorezept gleich. Zuerst wird der Bug abgesiebt. Dazu auf einen kleinen Messbecher ein Teesieb legen und die Ursuppe reinschöpfen, bis die benötigte Menge erreicht ist. Reste im Sieb entweder zurück ins Glas löffeln, essen oder in den Kompostkübel kippen. Gezuckerte Flüssigkeit mit dem Bug in einem grossen Einmach- oder Vorratsglas mischen. Dabei immer einen Sicherheitsabstand von mindestens 5 cm bis zum Rand einhalten, damit nichts überschäumt. 

Nach 48 Stunden (da war die Limo schon zu sauer)

Noch ein Wort zur Sicherheit: Grundsätzlich bevorzuge ich Glasflaschen, bin aber nach einer kleinen Gazzosa-Explosion auf das Schwesterfabrikat aus Plastik umgestiegen. Das funktioniert tadellos und befreit mich von der Angst, irgendwann Scherben und klebrige Sauce in einem Umkreis von 10 Quadratmetern wegschrubben zu müssen. Vorsichtshalber aber bitte nur Plastikflaschen verwenden, die vorher kohlensäurehaltige Getränke enthielten. Wer lieber Glasflaschen benutzen möchte, darf eines nie vergessen: Durch das Kühlstellen wird der Fermentationsprozess nur verlangsamt, aber nicht gestoppt! Und je länger sich der Druck aufbauen kann, desto höher die Chance, dass die Flasche das nicht aushält. Theoretisch ist es möglich, die Limonade mehrere Wochen/Monate aufzubewahren, ich rate aber zu einem raschen Verbrauch innerhalb von zwei Wochen. Wenn die Limo in einer Glasflasche angesetzt wurde oder länger im Voraus produziert werden soll, empfiehlt sich ein abgeschiedener, sicherer Aufbewahrungsort. Zum Beispiel eine alte Kühlbox in der hintersten Ecke des Kellers. Das Öffnen dann lieber ins Badezimmer oder ins Freie verlegen, auf einigen amerikanischen Blogs wird von Limo-Geysiren berichtet, wenn die Flaschen länger gelagert wurden. Um den Prozess in Glasflaschen sicherer zu machen, hier noch ein kleiner Tipp: In jede Glasflasche eine getrocknete Rosine geben. Schwimmt sie obenauf, ist die Fermentation abgeschlossen und die Limo muss umgehend kühl gestellt werden.

Doch schreiten wir nun zum einfachsten Grundrezept, der Apfel- oder Orangenlimonade.


Zutaten für eine 1,5 Liter fassende Plastikflasche:

  • 650 ml Apfelsaft oder Orangensaft, frisch gepresst oder aus der Flasche
  • 650 ml Wasser
  • 100 ml Ingwer- oder Kurkumabug, abgesiebt

Saft und Wasser in einem grossen Einmach- oder Vorratsglas mischen, Bug einrühren. Öffnung mit einem sauberen Tuch oder einem halbierten Kaffeefilter abdecken, mit einem Gümmeli fixieren und an ein warmes Plätzchen (mind. 20 Grad) stellen. An kalten Tagen kann das Glas in den Backofen mit eingeschalteter Lampe oder auf einen lauwarmen Heizkörper gestellt werden. Sobald die Flüssigkeit schäumt und sich Bläschen auf der Oberfläche zeigen (normalerweise nach 24 Stunden, kann aber auch mal 72 Stunden dauern), in eine gut gereinigte Plastikflasche umfüllen. Auch hier muss ein Sicherheitsabstand von mindestens 5 cm bis zum Rand eingehalten werden. Deckel zudrehen und den Flascheninhalt nochmal 12-48 Stunden fermentieren lassen. Ab und zu die Plastikflasche ein bisschen zusammendrücken um festzustellen, wie gross der Druck schon ist. Am Anfang wird sich die Flasche problemlos eindrücken lassen, später wird sie bretthart sein. An diesem Punkt den Deckel öffnen um Druck abzulassen und den Geschmack zu überprüfen. Soll die Fermentation fortgesetzt werden, Deckel wieder zudrehen und die Flasche noch ein paar Stunden an der Wärme stehen lassen. Passt der Geschmack, wandert die Flasche in den Kühlschrank. Möglichst bald verbrauchen oder sicher im Keller einlagern (siehe oben). 



Eine weitere fruchtige Variante:

  • 350 ml Orangensaft
  • 350 ml Apfelsaft
  • 600 ml Wasser
  • 100 ml Ingwer- oder Kurkumabug

Vorgehen: Siehe erstes Rezept.


Mit Mandarinensaft schmeckt die Limonade ähnlich wie Orangina:

  • 650 ml Mandarinensaft, frisch gepresst oder aus der Flasche
  • 650 ml Wasser
  • 100 ml Kurkukambug


Für Ingwerbier wird aus 1,3 Liter Wasser, geriebenem Ingwer (Menge nach Geschmack), Saft einer Zitrone und Zucker ein dünner Sirup gekocht. Auf Zimmertemperatur abkühlen, durchsieben, mit 100ml Ingwerbug mischen und wie oben beschrieben fermentieren lassen.

Es muss nicht immer Fruchtsaft sein, auch mit gesüsstem Tee funktioniert die Fermentation, wie man anhand der Hibiskus-Gewürz-Limo auf dem ersten Foto sehen kann:

  • 1,3 Liter Wasser
  • 10 Hibiskusblüten 
  • 10 Pimentkörner, angequetscht
  • 1 kleinfingerlange Cassiastange
  • 1/2 Vanilleschote, ausgekratzt (Mark für etwas anderes verwenden)
  • 2 Gewürznelken
  • 7-8 El Zucker oder mehr nach Geschmack
  • 100 ml Ingwerbug

500 ml Wasser mit den Hibiskusblüten und allen Gewürzen aufkochen, zwei Minuten kochen lassen, Herd ausschalten, Deckel auflegen und eine halbe Stunde ziehen lassen. Absieben, tüchtig süssen, mit dem restlichen Wasser auffüllen, evt. nachsüssen. Bug in die lauwarme Flüssigkeit einrühren und in das saubere Vorratsglas giessen. Weiteres Vorgehen siehe oben.

Einer der Gründe, warum ich in letzter Zeit so selten online bin.
Irgendwer muss ja die Beerenschwemme verarbeiten...

Sonntag, 15. Juni 2014

Limo ganz natürlich mittels Ingwer/Kurkuma zum Blubbern bringen



Letzte Jahr fand ich heraus, wie Gazzosa zu Hause hergestellt werden kann. Mit der Methode war ich hochzufrieden, bis zu dem Tag, an dem eine Glasflasche explodierte. Es war ganz und gar meine Schuld, ich hatte die ersten Bläschen übersehen und die Flasche viel zu lange der Sonne ausgesetzt. Die Schweinerei hielt sich, dank des dicken Tontopfes, in dem das Gazzosa zur Sicherheit stand, in Grenzen. Trotzdem war mir die Freude vorerst gründlich vergangen. Aber der Experimentiergeist erwachte wieder, als ich in einem italienischen Kochforum auf eine Diskussion über alternative Methoden zur Gazzosaherstellung stiess. Angerissen wurde sie, weil Weinsteinpulver in den ländlichen Gebieten Italiens anscheinend kaum erhältlich ist und einige User sich fragten, ob man das Bier durch eine alkoholfreie Zutat ersetzen könnte. Mich fasziniert vor allem die Verwendung von frischen Ingwerrhizomen, um die Flüssigkeit zum Blööterle zu bringen. Doch auch nach einer mühseligen Wort-für-Wort-Übersetzung verstand ich nicht, wie das chemisch-biologisch-physikalisch funktionieren sollte. Es schien, laut einigen Rückmeldungen, bestens zu klappen. Aber wie genau? Das blieb mir ein Rätsel. Weitere Recherchen in den folgenden Wochen führten mich zu diversen englischsprachigen Seiten und Blogs, auf denen das Geheimnis der Herstellung dieses so genannten Gingerbugs gelüftet wurde.

Links frisch angesetzter Ingwerbug, mittig Kurkumabug und rechts Ananasessig

Viele der Anleitungen im Netz beziehen sich auf The Art of Fermentation von Sandor Ellix Katz, DEM Standardwerk zum Thema Fermentation. Ich hatte ja gehofft, dass irgendein deutscher Verlag das Potential dieses Buches erkennen und es übersetzen würde, aber nix war's. Vielleicht in ein paar Jahren, aber bis dahin wollte ich nicht warten. Also habe ich es mir, trotz Bedenken hinsichtlich der Verständlichkeit, aus Amerika einfliegen lassen. Es hat sich gelohnt und ich kann es jedem, der über ausreichende Englischkentnisse verfügt, wärmstens empfehlen. Ab Seite 147 geht Herr Katz ausführlich auf die Herstellung von fermentierten Getränken ein. Das Ansetzen eines "Bugs" (Grundansatz, von mir Ursuppe genannt) ähnelt verblüffend der Methode, wie man sich einen Sauerteig heranzüchtet. Durch die tägliche Fütterung beginnt die Ursuppe zu blubbern und bald kann ein Teil zum "Impfen" einer neuen Menge abgenommen werden. Die geimpfte Flüssigkeit beginnt nach wenigen Tagen selber zu blubbern. Wissenschaftlich erklärt: Zucker wird in Kohlensäure umgewandelt, d.h. durch die Fermentation findet eine natürliche Karbonisierung statt.

Ingwerbug am vierten Tag. Noch kein Brizzeln, aber ein paar Bläschen

Hört sich natürlich viel komplizierter an, als es wirklich ist. Man braucht nicht mehr als ein grosses Einmachglas, ein Stück Tuch oder einen Kaffeefilter aus Papier, ein Gümmeli, Wasser, Zucker und frischen Ingwer oder Kurkuma. Ob Bio oder nicht, Vollrohrzucker oder Haushaltszucker, da gehen die Meinungen auseinander. Für den Ansatz der Ursuppe empfehle ich Rhizome aus biologischem Anbau und einen Löffel voll Rapadura, denn die ganzen nützlichen Bakterien und Hefen, die auf der Schale sitzen, garantieren zusammen mit dem schonend verarbeiteten Rohrzucker einen richtig guten Start. Es funktioniert aber natürlich auch mit Ingwer aus dem Supermarkt bzw. Kurkuma aus dem Asialaden. Rhizome aus konventionellem Anbau aber bitte nur geschält verwenden. Bei Bioware reicht kurzes, aber gründliches Abspülen. Eine durchgehende Fütterung mit Rapadura ist zwar möglich, beeinflusst Farbe und Geschmack aber so sehr, dass ich normalen, weissen Zucker bevorzuge. Für Ginger Root Beer ist Rapadura hingegen perfekt geeignet.

Fertiger Kurkumabug am siebten Tag

Raspeln oder fein hacken? Beim Kurkuma konnte ich keinen Unterschied feststellen, doch geraspelter Ingwer entwickelt einen stärkeren/schärferen Geschmack als gehackter. Wer die typische Schärfe von Ginger Beer mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Mein Magen verträgt das nur in kleinen Mengen, deshalb ist der Kurkumabug mein persönlicher Favorit. Er ist milder, sticht nicht so hervor und soll, wenn man dem Internet glaubt, nebenbei gleich noch diverse Krankheiten "heilen". Ob das stimmt oder nicht, müssen allerdings andere beurteilen. Ich geniesse die Kurkuma-Limo weil sie mir schmeckt, und nicht weil ich sie für ein neues Allheilmittel halte. Aber fermentierte Lebensmittel sollen ja generell gesünder sein und gegen ein bisschen natürliche Vorsorge nebenbei hätten wir ja auch nichts, oder? :-)


Für den Bug/die Ursuppe:

  • ein grosses Einmachglas (so 750 ml Fassungsvermögen sollte es schon haben)
  • frischer Ingwer und/oder Kurkuma
  • Zucker 

Glas mit heissem Wasser und Spülmittel reinigen. Gründlich ausspülen und 500 ml kaltes Wasser einfüllen. In Gegenden, in denen das Leitungswasser stark gechlort ist, empfiehlt sich stilles Mineralwasser aus der Flasche. Ein etwa daumengrosses Stück Rhizom abbrausen oder schälen, und fein raspeln oder hacken. Die Stückchen und ein Esslöffel (Vollrohr)Zucker in das Glas geben. Mindestens eine Minute schwungvoll umrühren, bis sich der Zucker vollständig aufgelöst hat. Mit einem sauberen Tuch oder einem halbierten Kaffeefilter aus Papier abdecken und mit einem Gummiband fixieren, so dass Fruchtfliegen keine Chance auf ein Badevergnügen haben. An ein 20-25 Grad warmes, ruhiges Plätzchen stellen. Während den folgenden Tagen jeweils mit einem gestrichenen Esslöffel Ingwer- oder Kurkumaraspel und der gleichen Menge Zucker füttern. Immer mindestens so lange rühren, bis keine Zuckerkörnchen mehr sichtbar sind.

Nach ein paar Tagen treiben viele Stückchen an der Oberfläche und die Flüssigkeit beginnt leicht zu schäumen und zu blubbern. Der Kurkumabug war bei mir nach drei Tagen so weit, beim Ingwerbug dauerte es sechs Tage. Beim Ingwerbug kann man übrigens auch hören, wenn er einsatzbereit ist. Die Bläschen platzen mit lautem Ploppen, wenn das Glas bzw. die Flüssigkeit bewegt wird. Beim Kukumabug bleibt das Geräusch aus, er schäumt dafür kräftiger. Nach etwa einer Woche sollten beide Bugs einsatzbereit sein, sonst noch ein paar Tage länger füttern. So lange die Flüssigkeit nicht anfängt grauslich zu stinken oder schimmelt, ist alles im grünen Bereich. Wenn sich allerdings nach über 10 Tagen konstanter Fütterung immer noch nichts rührt, wäre ein Neustart wohl keine schlechte Idee.

Für den Limoansatz wird nun ein Teil abgenommen. Auf 1,3 Liter gezuckerte Flüssigkeit nehme ich 100 Milliliter Ursuppe.* Am einfachsten geht das Abmessen mit einem kleinen Messbecher, auf dem ein Teesieb platziert wird. Lieber schöpfen als giessen, gibt weniger Sauerei. Die im Sieb verbleibenden Wurzelstückchen gehen am Anfang wieder zurück ins Glas. Später, wenn das Glas nach weiteren Fütterungen ziemlich voll ist, können sie gegessen oder entsorgt werden. Die abgenommene Flüssigkeit wird durch die gleiche Menge frisches Wasser ersetzt und gleich noch eine Fütterung mit je einem Esslöffel Ingwer/Kurkuma und Zucker vorgenommen. Ein, zwei Tage später ist der Bug dann wieder einsatzbereit.


Wer eine Produktionspause einlegen möchte, kann das Glas einfach im Kühlschrank parkieren. Deckel nicht ganz zudrehen, denn die Fermentation wird nur extrem verlangsamt, aber nicht vollständig gestoppt. Wichtig ist, dass der Bug mindestens einmal pro Woche zum Rühren an die frische Luft darf und regelmässig gefüttert wird. Am Anfang alle sieben Tage, ältere Kulturen halten auch mal zwei, drei Wochen ohne Nahrung aus. Wenn die Fütterung längere Zeit vergessen wurde, gibt es einen einfachen Test, um zu sehen, ob es noch lebt: Aus dem Kühlschrank holen, doppelte Menge füttern, Deckel nur lose auflegen und einen Tag an der Wärme stehen lassen. Beginnt es wieder zu blubbern, ist alles okay. Wenn nicht, dann heisst es Abschied nehmen. Nach einem Aufenthalt im Kühlschrank muss der Bug ein, zwei Tage gefüttert werden, bevor er wieder einsatzbereit ist. Meine beiden Gläser stehen seit dem 7. Mai, natürlich mit Unterbrechungen, im Kühlschrank und der Inhalt blubbert immer noch putzmunter vor sich hin.


Um die Frage vorwegzunehmen: Muss es denn unbedingt Ingwer oder Kurkuma sein? Herr Katz berichtet in seinem Buch davon, dass es auch mit frischem Galgant klappt und hier und hier wird von gelungenen Versuchen mit Löwenzahnwurzeln bzw. Gobo berichtet. Das lässt natürlich viel Raum für neue Experimente. Ich denke da an Nelkenwurz, Krachai oder warum nicht mal einen Versuch mit Mais oder Wurzelgemüse starten? Freue mich natürlich über jede weitere Idee.



Update 22. Juli 2015:
Mittlerweile lebt der Kurkumabug seit über einem Jahr in meinem Kühlschrank und ist immer noch extrem blubberfreudig. Würde sogar behaupten, je älter er wird, desto wirkungsvoller ist er (vergleichbar mit Sauerteig). Ich füttere ihn etwa alle vier Wochen, wenn er nicht gerade im Einsatz ist und das scheint ihm gut zu bekommen. Den grössten Erfolg bzw. die heftigste Blubbertätigkeit erziele ich mit Bio-Kurkuma und Bio-Kokosblütenzucker. Bio-Kurkuma ist meist nur im Spätherbst/Winter erhältlich, z.B. bei Alnatura, deshalb friere ich dann etwa ein halbes Pfund als Vorrat ein. Die gefrorenen Rhizome müssen vor der Verwendung nicht auftauen, sondern können direkt geraspelt und mit dem Bug vermischt werden. Kokosblütenzucker verfärbt die Flüssigkeit leider etwas unschön, aber die Wirkung ist, zumindest gefühlt, etwa doppelt so stark. Die besten Erfahrungen habe ich mit Kokosblütenzucker von Madal Bal gemacht. Der Preis ist mit 9 Franken pro Kilo unschlagbar günstig und ausserdem fliesst ein Teil des Erlöses an ein Schulprojekt in Indonesien.


Montag, 17. März 2014

Joghurtstarter aus Holz, Zweigen oder Blüten der Kornelkirsche



Tätätätätääää! Vorhang auf! We proudly present: Die Fortsetzung der Joghurtexperimente. Und dieses Mal verlief die Versuchsreihe vollkommenen zufriedenstellend. Sogar mehr als das. Es ist genial! Doch beginnen wir am Anfang. Das Joghurt aus Chilistielen war ja nicht so mein Ding. Zwar völlig ohne Schärfe, irritierte mich die Chilinote doch zu sehr und auch die Konsistenz liess zu wünschen übrig. Schon nach einer Inkubationszeit von nur 3 Stunden begann sich die Milch zu trennen und das Ergebnis erinnerte eher an Sauermilch als an Joghurt. Wie schon im damaligen Post geschrieben, gehe ich davon aus, dass es sich auch wissenschaftlich gesehen nicht um eine Art Joghurt handelt. 


Bei meinen Recherchen zu dem Thema fand ich einen Kommentar, der mich elektrisierte. Ein experimentierfreudiger Zeitgenosse hatte Joghurt aus Milch und Kornelkirschenzweigen (lat. Cornus mas) fabriziert. Zuerst war ich überaus skeptisch. Die Chiliversion war von einigen Leuten im Netz hoch gelobt worden, mich hatte sie enttäuscht. Konnte das überhaupt funktionieren? Und wenn ja, wie? Ich durchsuchte alle Wildpflanzenbücher, die bei mir im Regal stehen. Aber auch sie brachten kein Licht ins Dunkel. Irgendwo im Internet stiess ich dann auf eine kleine Fussnote, in der stand, dass im Holz und in den Blüten der Kornelkirsche der Lactobacillus bulgaricus haust. Das kam mir irgendwie bekannt vor. Wikipedia spuckte dann folgende Informationen dazu aus:

Lactobacillus delbrueckii subsp. bulgaricus (als Kurzform ist auch L. delbrueckii ssp. bulgaricus gebräuchlich) ist ein grampositivesstäbchenförmiges Bakterium, das zur Herstellung von Joghurt verwendet wird. Dabei verwertet das Bakterium die in der Milch vorhandene Lactose (Milchzucker) in der Milchsäuregärung, die dabei gebildete Milchsäure führt zur Säuerung und Dicklegung der Milch.


Zur Herstellung von Joghurt? Echt? Cool! Das wäre ja DIE Alternative zur herkömmlichen Zubereitung mit gekauftem Joghurt, denn regionaler, saisonaler und nachhaltiger geht's kaum. Im letzten Herbst hatte ich mich ja auf die Jagd nach den Früchten der Kornelkirschen begeben, deshalb kenne ich mehrere Standorte dieser dekorativen Sträucher. Netterweise wächst eine ganze Hecke davon auf öffentlichem Grund gleich um die Ecke, und zwei Häuser weiter steht sogar ein stattlicher Kornelkirschenbaum.


Ich bewaffnete mich mit einer Gartenschere und schnitt ein paar grüne Zweige, Blüten und verholzte Ästchen ab. Zu Hause wurde alles kurz mit kaltem Wasser abgebraust und zum Trocknen auf ein Küchenpapier gelegt. Eigentlich wollte ich den Versuch direkt danach starten, kam dann aber wegen familiärer Verpflichtungen erst 24 Stunden später dazu. Die Zweige hatten sich durch die Liegezeit nicht verändert, die Blüten hingegen waren angewelkt. Unsicher, ob es auch mit angetrockneten Pflanzenteilen funktioniert, schaltete ich den Joghurtbereiter trotzdem zum Vorwärmen ein. Ich goss etwa 250 ml Vollmilch in einen Topf und erwärmte sie auf 50 Grad. Unterdessen wusch ich drei kleine Gläser gründlich mit heissem Wasser aus und stellte sie kopfüber zum Abtropfen auf ein Küchentuch. Ich schnitt die Zweige und das Holz in etwa 3 cm lange Stücke und legte jeweils vier davon in ein Gläschen. Der Topfinhalt hatte sich unterdessen auf ideale 38 Grad (Handwärme) abgekühlt und so goss ich in jedes Gläschen etwa 80 ml Milch. Zweigstücke und Blüten schwammen sofort an die Oberfläche. Mit einem Löffelstiel tauchte ich sie nochmals unter, damit sie rundum mit Milch überzogen waren. Gläser in den vorgeheizten Joghurtbereiter gestellt und den Deckel aufgelegt. Dann kam der schwierigste Teil. Das schier endlose Warten.


Der Start war an einem Samstag um 13:00. Nach 3 Stunden setzte sich die Sahne oben ab und verfärbte sich in den nächsten Stunden gelblich (siehe Foto). Dieses Absetzen ist bei nicht homogenisierter Milch völlig normal. Nach 6 Stunden stupste ich die Oberfläche mit einem Löffelstiel sanft an, doch unter der Sahneschicht war immer noch alles total flüssig. Auch nach 9 Stunden gab es keine wahrnehmbare Veränderung und nach 12 Stunden ohne Verdickung hielt ich das Experiment für gescheitert. Um festzustellen, ob sich vielleicht am Boden etwas getan hatte, rührte ich kräftig im Glas mit den verholzten Zweigen herum. Mist, flüssig as flüssig can be. Rühren während des Fermentationsprozesses ist normalerweise strikt verboten, doch nach so vielen Stunden ohne Reaktion, rechnete ich nicht mehr mit einem Erfolg. Enttäuscht setzte ich den Deckel wieder auf den Bereiter und ging ins Bett.


Als ich am Sonntagmorgen so gegen 09:00 auf der Suche nach einem Glas Orangensaft durch die Küche schlurfte, kam mir das Joghurt wieder in den Sinn. Ich ging zum Bereiter, nahm den Deckel ab, stupste mit dem Finger die Oberfläche an und sie war fest! Richtig fest, nicht so weich und wabbelig wie beim Chilijoghurt. Der Inhalt aller drei Gläser hatte sich verdickt. Juhui! Bei den Gläsern mit den grünen Zweigstücken und den Blüten hatte sich ein wenig Molke abgesetzt. Im dritten Glas mit den Holzstücken war ein richtiges Kuddelmuddel wegen meiner abendlichen Umrührerei. Dort schwammen weisse Bröckchen und Fitzelchen in der Molke, die sicher auch eine gleichmässige Schicht gebildet hätten, hätte ich nicht dazwischen gefunkt. Ich stellte die Gläser zum Auskühlen auf die Terrasse und fischte die Pflanzenteile heraus, als das Joghurt völlig durchgekühlt war. Die Kostprobe schmeckte sensationell mild-sahnig-crèmig. Ich nahm drei weitere Gläser und setzte gleich von allen drei Versuchen eine neue Generation an. Nach sieben Stunden war das Joghurt fertig und schmeckte fast noch besser als die erste Generation. Mittlerweile bin ich bei der siebten Generation angelangt und kann wahrlich behaupten: Es lebt! Und schmeckt! Hurra! Unbedingt ausprobieren!


Für den ersten Ansatz:

  • ein verholzter Ast oder ein grüner Zweig der Kornelkirsche, ca. 15 cm lang
  • 100 ml frische Vollmilch

Ast oder Zweig kurz abbrausen und mit Küchenpapier trocken tupfen. Vier Stücke à jeweils 3 cm abschneiden und in ein sauberes Glas geben. Mit der erwärmten Milch übergiessen und etwa 18 Stunden im Joghurtbereiter reifen lassen, bis sie sich verdickt hat. Für die zweite Generation nimmt man pro 250 ml Milch zwei Teelöffel Joghurt. Milch erwärmen, Joghurt darin verrühren und für sieben Stunden in den Bereiter stellen. Bei allen weiteren Generationen gleich verfahren. Das Joghurt hat sich bei mir im Kühlschrank locker mehr als drei Wochen gehalten, ohne umzukippen oder zu schimmeln.


Nachwort: Ich schätze mal, dass die Konzentration der Lactobazillen in allen verwendeten Teilen des Strauches etwa gleich hoch sein dürfte. Zumindest für den Hausgebrauch macht es keinen Unterschied, ob Holz, grüne Zweige oder Blüten verwendet werden. Laut Wikipedia soll der Lactobacillus bulgaricus ein ziemlich saures Joghurt ergeben, was bei mir aber (noch?) nicht der Fall ist. Im Gegenteil. Es ist milder und sahniger als alles, was ich vorher je fabriziert habe. Hoffentlich bleibt das auch so. Vielleicht säuert es in irgendeiner zukünftigen Generation noch nach, aber bis jetzt ist davon nichts zu spüren. Update November 2014: Auch die folgenden Generationen des KoHo-Joghurts waren wunderbar mild. Weil wir während der kalten Jahreszeit nur sehr wenig Joghurt essen, stelle ich im Winter die Produktion ein, und setze dann im Frühjahr eine neue Kultur an. 


P.S. 
Es funktioniert auch mit Sojamilch! Sie hat es erfolgreich ausprobiert. 
Ihr könnt also mit Kornelkirschenholz und Sojamilch
ganz einfach VEGANES Joghurt ohne Pülverchen und Co. herstellen!
Danke für die Arbeit und die Rückmeldung.