Anfang 2018 habe ich einen Versuch unternommen, Salzzitronen selber herzustellen. Eigentlich ein unnötiges Experiment, denn in jedem grösseren Supermarché im Elsass sind Salzzitronen fixfertig eingelegt für wenig Geld erhältlich. Aber mich reizte es, die Grenzen der Fermentierungsmöglichkeiten auszutesten. Normalerweise fermentiere ich Gemüse, Früchte und Kräuter mit maximal 2% Salz bezogen auf das Gesamtgewicht, oft auch nur mit der Hälfte oder sogar mit nur einem halben Prozent. Bei einem Salzgehalt von über 5 Prozent wird die Milchsäuregärung schon eingeschränkt, bei über 8 Prozent schon fast ausser Kraft gesetzt. Wie sollte dann eine Fermentierung mit einem Salzgehalt von 10% funktionieren? Genau das wollte ich vor zwei Jahren herausfinden und war leider einige Monate später gezwungen, wegen Schimmelbefall das ganze Glas zu entsorgen. Im Winter 2018, als ich wieder Zugriff auf die guten Zitrusfrüchte aus demeter-Anbau hatte, startete ich eine neue Versuchsreihe. Und siehe da, es klappte! Ob es an der geänderten Vorgehensweise lag oder ob einer der Fermentationsgötter einen guten Tag hatte, blieb damals offen.
Nun, eineinhalb Jahre und acht Gläser Salzzitrusfrüchte später, bin ich sicher, dass die Änderungen schuld am Erfolg sind. Bitte beachten: Bügelgläser sind wesentlich besser geeignet als Gläser mit Drehverschluss, weil sie nicht dauernd geöffnet werden müssen, um Druck abzulassen. Die Zitronen sollten weder behandelt noch gewachst sein. Falls ihr irgendwo Limonettes de Marrakech findet (siehe Foto), unbedingt ein Glas voll mit den aromatischen orangen Früchtchen ansetzen. Ebenfalls geeignet sind Limetten, Mandarinen und Kumquats. Greift einfach zur besten Bioware, die ihr auftreiben könnt. Graues, naturbelassenes Meersalz, verwandelt die Lake in eine unappetitlich trübe Brühe. Das ist zwar nur ein optisches Problem, spielt aber eventuell eine Rolle, wenn ihr einen Teil der Salzzitronen verschenken möchtet. Der Zucker unterstützt den Fermentationsprozess und sollte weder weggelassen noch gegen ein anderes Süsssungsmittel ausgetauscht werden. Ganz wichtig: Zeit. Bis die erste Fermentationsphase beendet ist, d.h. keine Bläschen mehr hochsteigen, vergeht locker ein Monat. Danach sollten die Zitronen mindestens drei Monate im kühlen Keller ruhen. Je länger sie durchziehen dürfen, desto aromatischer werden sie. Profitipp: Die Zitrusfrüchte eignen sich auch für Desserts und Gebäck.
Für ein Einmachglas mit einem Liter Fassungsvermögen:
- 6 Bio-Zitronen, ca. 600 gr (io: demeter, Primofiore)
- 1 Stück Cassiarinde, ca. 5 cm lang und 1 cm breit
- 600 gr Wasser
- 60 gr unjodiertes Salz ohne Zusätze und Rieselhilfe = 10% der Wassermenge (io: Bio-Meersalz)
- 30 gr Zucker = 5% der Wassermenge
Das Einmachglas gründlich reinigen, heiss ausspülen und mit kochendem Wasser füllen. Deckel und Gewicht (z.B. ein breiter, flacher Teelichthalter aus Glas) oder Abstandhalter ebenfalls reinigen, abspülen, in eine hitzefeste Schüssel legen und mit kochendem Wasser übergiessen. Die Zitronen unter fliessendem Wasser gut schrubben und abspülen. Auf einem Porzellanteller der Länge nach vierteln, Kerne entfernen. Abgewogenes Wasser mit Salz und Zucker fünf Minuten sprudelnd kochen. Das Wasser aus dem vorgewärmten Glas ausgiessen. Dann zackig das Zimtstück reinlegen, darauf die Zitronenviertel. Vorsichtig mit einem Löffel zusammenquetschen, damit die Viertel möglichst dicht an dicht liegen. Mit der kochenden Lake bis drei Zentimeter unter den Glasrand auffüllen. Gewicht oder Abstandhalter nach Belieben vor dem Einsatz noch mit Wodka einpinseln. Nicht unbedingt nötig, aber ich halte auch niemanden davon ab. Gewicht auf die Zitronen legen. Wie immer gilt: If it's under the brine, everything's fine. Mit dem Deckel verschliessen. In ein Geschirtuch einwickeln und langsam auskühlen lassen. Nach dem Abkühlen das Tuch entfernen und das Glas an einem sonnengeschützten Plätzchen mit etwa 18-25 Grad Zimmertemperatur aufstellen.
Verlauf: Nach etwa einer Woche sollten sich, wie auf dem Foto erkennbar, erste Bläschen zeigen. In den Tagen danach vermehren sich die Bläschen explosionsartig und feiern eine wilde Orgie. Etwa zwei Wochen nach dem Ansetzen sind die Bläschen vom Feiern so erschöpft, dass sie sich kaum noch bewegen. Eine oder zwei Wochen später, wenn im Glas alles schön ruhig ist, kann das Gewicht/der Abstandhalter entfernt werden. Die Zitronenviertel bleiben nun auch ohne Beschwerung unter der Lake. Mit einer ca. 1,5 cm dicken Schicht Raps- oder Olivenöl begiessen, damit weiterhin ein luftdichter Abschluss gewährleistet ist. Nun die Zitronen mindestens drei Monate ruhen lassen. Manchmal schmeisst der Glasinhalt nochmals eine Party, zu der alle Bläschen eingeladen sind. Keine Angst, die verziehen sich bald und eine Woche später kehrt wieder Ruhe ein. Nach der Ziehzeit können die Viertel in kleinere Gläser umgeschichtet und verschenkt werden. Immer darauf achten, dass die Salzzitronen mit Lake bedeckt sind und ggf. die Ölschicht ergänzen. Wenn sauber gearbeitet wurde, halten sich die Zitronen mindestens ein Jahr. Geöffnete Gläser im Kühlschrank aufbewahren.
2 Kommentare:
Als Gärgewicht eignen sich auch ungebleichte Teesäckchen gefüllt mit Quarzsteinen. Mit den Drahtbügelgäsern bin ich ganz bei dir. Die hippen Gäraufsätze für die Mason Ball Gläser enbinden aucch vom Entlüften
Die Quarzsteine habe ich nicht selbst gesammelt, sondern als Fermentationsgewicht hier gekauft. So geringe Mengen wollte mir der Gesteinsgroßhandel nicht verkaufen, und sammeln ist ja so eine Sache.
Das Säckchen wasche ich bei 60 Grad, die Steine werden heiß abgewaschen.
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