Ab und zu gönne ich mir eine Ananas. Bevorzugt in Bioqualität, und manchmal finde ich mit viel Glück sogar eine biologisch-dynamisch angebaute Frucht. Mich reut dann, auch wegen des hohen Einkaufspreises, jedes Fitzelchen, das ungenutzt im Kompost landet. Auf der Suche nach Verwertungsmöglichkeiten, fand ich auf einem mexikanischen Selbstversorgerblog eine Anleitung für Tepache aus Ananasschalen.
Tepache, in Südamerika auch Chicha genannt, ist ein fermentierter Fruchwein, welcher ähnlich wie Federweisser/Sauser, zuerst angenehm spritzig-süffig ist. Je länger die Flüssigkeit fermentiert, desto alkoholhaltiger und säuerlicher wird das Getränk. Die Fermentation verläuft wild, d.h. ohne Zugabe von Startern oder Hefe. Aus diesem Grund ist Tepache besonders bei der ärmeren Bevölkerung Mittel- und Südamerikas beliebt, denn zur Herstellung benötigt man nur reife Früchte, Zucker, Wasser und einen Behälter mit Deckel.
In Mexiko wird Tepache de piña auf drei verschiedene Arten angesetzt: Mit zerkleinerten Früchten, nur mit Schalen und Rüstabfällen oder alleine aus den Strünken. Jede Methode hat Vor- und Nachteile, doch für uns Europäer sind eigentlich nur die folgenden Fragen interessant: Wurde die gekaufte Ananas mit Herbiziden und/oder Insektiziden besprüht? Falls zutreffend: Will ich dieses Zeug, aufgelöst im Tepache, zu mir nehmen?
Klare Antwort: Non, merci. Selbst bei normaler Bioware besteht ein Restrisiko, dass eventuell vorhandene, unappetitliche Rückstände durch die Fermentation in das Getränk gelangen könnten. Ausnahmen mache ich nur für demeter-zertifizierte Ananas, deren Importmenge aber leider äusserst gering ist. Bei Früchten aus konventionellem (Bio-)Anbau scheint es also sinnvoller, Tepache nur mit den Strünken anzusetzen.
Für etwa 850 ml:
- Strunk einer richtig reifen Ananas
- 80 gr Palm-, Kokosblüten- oder Vollrohrzucker (io: Kokoszucker von Madal Bal)
- Unzerkleinerte Gewürze nach Belieben*
Ein Bügel- oder Einmachglas mit einem Liter Fassungsvermögen gründlich mit heissem Wasser und Abwaschmittel reinigen. Ausgiebig mit kaltem Wasser abspülen. Ananas schälen, der Länge nach vierteln. Den hölzernen Mittelteil jedes Viertels wegschneiden. Das Fruchtfleisch gleich verspeisen oder anderweitig verwenden. Die Strunkstücke in das gereinigte Glas legen, Zucker zugeben. Mit kaltem Wasser bis etwa 3 cm unter den Rand auffüllen (siehe zweites Foto). Umrühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Glas verschliessen und in einen tiefen Suppenteller stellen. An einem etwa 20-25 Grad warmen Plätzchen ohne direktes Sonnenlicht zwei bis drei Tage fermentieren lassen. Bügelgläser müssen für einen Druckausgleich nicht geöffnet werden, Gläser mit Drehdeckelverschluss sollten mindestens einmal pro Tag aufgeschraubt werden. Falls die Fermentation ziemlich heftig abläuft, kann es passieren, dass trotz des Sicherheitsabstandes Flüssigkeit aus dem Glas rausblubbert. Darum der Suppenteller. Das Tepache ist fertig, wenn beim Bewegen des Glases viele kleine Bläschen erscheinen, die hurtig an die Oberfläche steigen. Geruch und Geschmack sollten angenehm spritzig-säuerlich sein. Bei einer längeren Fermentationszeit steigert sich der Säure- und Alkoholgehalt. Geschmacklich ist dies aber keine Bereicherung. Es sei denn, man möchte Ananasessig herstellen... Wenn der Geschmack passt, das Tepache absieben und die Flüssigkeit in eine sauber gereinigte, ein Liter fassende PET-Flasche umfüllen. Deckel gut zudrehen und nochmal ein paar Stunden fermentieren lassen. Gleich nach dem Umfüllen kann die Flasche noch eingedrückt werden, ein paar Stunden später wird sie nur noch starkem Druck nachgeben oder sogar bretthart sein. Wenn dies zutrifft, Deckel aufdrehen, um Druck abzulassen. Sonst noch ein paar Stunden weiter gären lassen. Tepache anschliessend über Nacht im Kühlschrank durchkühlen und mit oder ohne Eis servieren. Möglichst innerhalb einer Woche aufbrauchen.
* Im Ursprungsland werden zur Aromatisierung oft noch Zimtstangen, Piment und Gewürznelken zugegeben. In einer kürzlich angeschauten Reportage über mexikanische Gefängnisse, erzählte ein Insasse, dass sie ihren Ansatz gerne mit Tabak verfeinern. Das ergibt dann ein "männliches" Tepache mit Bitter- und Rauchnoten. Für einen Versuch lieber auf Lapsang Souchong oder mild geräucherten Schwarztee ausweichen. Ist gesundheitlich garantiert unbedenklicher, siehe Agatha Christies Kriminalroman Nikotin. 😉