"Simon's Wohnung war ein Spiegelbild unserer eigenen. Ein Schlafzimmer, ein Duschraum statt eines Badezimmers, ein Wohn-Esszimmer mit Küchenzeile, das ein Immobilienmakler in ein paar Wochen großspurig als "offen geschnitten" anbieten würde. Die Diele war eng und fensterlos, erleuchtet durch einen Deckenfluter, der konzentrische Pfützen aus Licht und Schatten auf schmucklose, gestrichene Wände warf.
Der Mangel an Dekorationsgegenständen fiel mir gleich auf, als ich über die Schwelle trat. Beck und ich waren in unserer Wohnung den entgegengesetzten Weg gegangen. Überall hingen diese kleinen Kronleuchter aus Acrylglas, die man für zehn Pfund in jedem Haushaltswarengeschäft bekam, und jeder Zentimeter Wandfläche war mit Drucken oder Fotos behängt - Landschaften und Schnappschüsse von unseren Urlaubsreisen -, außerdem mit einem halben Dutzend Spiegel in allen möglichen Formen und Größen, um Weitläufigkeit vorzutäuschen.....Ich weiß nicht, wie lange ich an der Wohnungstür stehen blieb. In meiner Erinnerung zieht sich dieser Augenblick endlos hin. Ich kam mir vor wie ein Insekt, das in Bernstein gefangen sitzt. Aber ich vermute, das war nur der Effekt einer düsteren Vorahnung, die mich befiel. Irgendwie wusste ich, was mich erwartete. Die Tür zum Wohn-Esszimmer (mit integrierter Küchenzeile) stand einen Spalt offen, und der Fernseher plärrte laut. Das, so dachte ich mir, könnte der Grund dafür gewesen sein, dass er auf mein Klopfen nicht reagiert hatte. Ich klopfte noch einmal etwas lauter an die Innenseite der Wohnungstür, dann rief ich seinen Namen. bekam aber keine Antwort. Nur das unermüdliche Geplapper aus dem Fernseher.
Weitergehen oder umkehren? Neugier und Zurückhaltung lieferten sich eine kurze, blutige Schlacht ( mehr ein Geschubse und Gerangel, um die Wahrheit zu sagen ), und dann brachten mich viereinhalb Schritte zu der halb offen stehenden Wohnzimmertür, wo ich mitten in der Bewegung erstarrte, den linken Arm halb erhoben und die Hand zum Klopfen leicht gekrümmt. Simon war tot. Ich musste keinen Schritt weitergehen, um mich von dieser Tatsache zu überzeugen.....
Abby, die Protagonistin dieses Romans, lebt mit ihrem Freund Beck in London, arbeitet als Journalistin und ist manisch und depressiv. Sie führt ein ziemlich normales Leben, bis sie eines Abends ihren Nachbarn Simon tot in seiner Wohnung findet, als sie sich eine Dose Tomaten ausleihen möchte. Erst scheint es, daß es Abby wenig berührt. Aber nach und nach gerät das fragile Gleichgewicht ihres Lebens immer mehr ins Wanken.
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Dies ist Gavin Extence's zweiter Roman, der auch autobiographische Züge zeigt. Ich habe ihn ziemlich zügig gelesen. Da er auch sehr unterhaltsam, ja teilweise sehr witzig geschrieben ist, wird das Thema für den Leser auch nicht bedrückend.
Meine Empfehlung: LESEN :)
Außerdem paßt das zauberhafte Cover so schön zum Sommer ;)
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Werbung - unbeauftragt & unbezahlt für ein lesenswertes Buch