Menschenbild 95
Das letzte Bild, heute. Ein Mann. Ausgegrenzt und gedemütigt. Weil er ist, was er ist.
Seit 95 Tagen male ich Frauen und Mädchen, einen Jungen und zwei Männer.
Dann verschließe ich ihnen den Mund. So wird aus den Frauenportraits das katholische Frauenbild.
Auch aus den wenigen Männerportraits wird ein Bild der Demütigung und Ausgrenzung.
Dass gestern überall in deutschen Zeitungen, in den Radio und Fernsehnachrichten über Maria 2.0 berichtet wurde, erscheint uns Initiatorinnen fast irreal.
Ein halbes dutzend Frauenhände, die mit Laptop, Handy und etwas Aquarellfarbe an die Öffentlichkeit gegangen sind.
Eine gute Handvoll Frauen, die gedacht, diskutiert, organisiert, genetzwerkt haben,
eine mutige Journalistin, die einen Film fürs WDR drehte, schon im Januar, und uns damit half, diesen Stein ins Wasser zu werfen. Mehr nicht an Menschenkraft.
Gestern haben wir vor unserer Gemeindekirche hier in Münster als Auftakt unserer Aktionswoche einen Gottesdienst gefeiert.
Tausende von Frauen und Männern haben sich inzwischen bei uns gemeldet, haben Gleichgesinnte gesucht und gefunden. Haben den Kreis immer größer gezogen. Immer mehr Menschen sagen laut uns klar, wonach sie sich sehnen: nach einer wirklichen Erneuerung der Kirche.
Daß die Menschen sich selbst ermächtigen und die Angst überwinden, ihre Stimme erheben-
das ist die größte Freude.
Vor gut drei Monaten, als wir paar Frauen in dem kleinen Zimmer saßen und beschlossen, nicht mehr nur zu klagen und zu schimpfen auf unsere Kirche, sondern es noch mal ganz im Ernst mit ihr zu versuchen, indem wir an alle apellieren, ihrer Sehnsucht Ausdruck zu geben, wussten wir nicht, auf welch fruchtbaren Boden unser Samenkörnchen fallen würde.
Diese Sehnsucht spiegelt sich in den Worten, mit denen ich gestern zum Auftakt der Aktionswoche die Menschen vor unserer Kirche begrüßt habe:
Liebe Schwestern und Brüder, liebe Marias!
Es ist eine ernste Sache, dass wir heute hier draußen
stehen. Denn es ist uns ernst
mit unserer Kirche, von der jede und jeder von uns ein Teil
ist
Ernst mit diesem Jesus aus Nazareth. Denn er hat gesagt: „Ändert
Euren Sinn!“
Er hat gesagt: „Liebet einander“. Er hat uns Gottes
unbedingter Liebe versichert!
Die er sichtbar gemacht hat, die er auch uns aufgetragen hat,
sichtbar zu machen in der Welt, in unserer Zeit:
Segnen sollen wir. Nicht verdammen.
Es ist eine ernste Sache mit der Liebe. Denn ohne sie sind
wir hohl und klanglos. Aller Glaube, alle Klugheit, alle Gemeinschaftlichkeit,
alles Streben verliert seine Strahlkraft.
Alles Frohe an der Botschaft Jesu erstarrt ohne Liebe.
Es ist uns ernst mit der Berufung aller Getauften.
Und mit der Gleichberechtigung der Frau. Die mit gleicher
Würde und mit gleichen Berufungen gesegnet und geliebt ist als Gottes Kind, wie
jeder Mann. Wie jeder Mensch.
Frauen sind nicht die besseren
Menschen. Aber nur gemeinsam, auf Augenhöhe, können wir uns gegenseitig
beflügeln, uns gegenseitig auf die Finger schauen(und auch mal klopfen), nur
gemeinsam können wir belebend wirken.
Wer Frauen nicht achtet, ohne Wenn und ohne Aber, der verachtet die
Hälfte der geliebten Kinder Gottes.
Vor etwa 2 Wochen bekamen wir den Brief einer jungen Frau,
Antonia, die sich ratsuchend an ihren Bischof gewandt hatte. Sie möchte
Priesterin werden. Sie fühlt sich dazu berufen und gleichzeitig ratlos. Denn
sie weiß natürlich, dass die r.k.K. bisher
keine Frauen weiht.
Als Antwort bekam sie ein freundliches Schreiben, dass der
Bischof für eine Antwort keine Zeit hätte, aber ihr empfehle, ein christliches
Orientierungsjahr in Anspruch zu nehmen und ihr alles Gute für ihre Zukunft
wünsche.
Wir wissen alle, oder können uns vorstellen, was passiert
wäre, wenn Antonia ein Anton gewesen
wäre. Es hätte nicht nur eine ausführliche Antwort vom Bischof gegeben, sondern
eine Einladung zum Gespräch. Dieser Kostbarkeit einer Berufung wäre mit höchster Sorgfalt und jeglicher
Unterstützung nach- und vorraus- und entgegengekommen worden.
Was der
Kirche so entgeht an Berufungen, an
Klugheit, an Leidenschaft und Spiritualität,
was ihr entgeht durch diese
unzeitgemäße und ungerechte Behandlung der Hälfte ihrer
Mitglieder,
das möchten
wir ihr endlich zukommen lassen. Möge sie, also wir alle, voranschreiten in
wirkmächtiger Menschenfreundlichkeit. Möge die Frohe Botschaft unsere Kirche
öffnen für
den immerwährenden Wandel, der ein Geheimnis unseres Glaubens
ist.
Auch Darum stehen wir heute hier. Nicht um all dem bekannten Grauen,
dass in unserer Kirche passiert noch
mehr Rechthaberei hinzuzufügen, sondern um die Frohe Botschaft zu hören. Die unsere Welt so nötig hat. Und die wir
auch heute, auch vor unser Kirche verkünden wollen. Ein Segen sein wollen wir füreinander.
Fangen wir also an, wir stehen hier mit unserer Sehnsucht,
unserem Glauben und unserer Suche: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes. Amen
Foto und Bearbeitung: Maria Hagenschneider |
liebe lisa, es ist großartig, dass ihr mit eurer aktion auf so viel resonanz gestoßen seid und allüberall in der republik sich frauen zusammengefunden haben, um sich für ihre rechte in der katholischen kirche einzusetzen. maria 2.0 ist überall!! auch die bs zeitung berichtete. den artikel schick ich dir noch zu.
AntwortenLöschenliebe grüße und ich drücke alle daumen, dass endlich eure forderungen erfüllt werden!
liebe grüße von mano
Ich werde das Tagesgespräch bei WDR 5 leider nicht ganz live verfolgen können ( und daher auch nicht anrufen ) weil ich um eins zum Gerätetraining muss. Aber es gibt ja die Mediathek! Ich wünsche dir alles Gute für das Gespräch und viel Zuspruch durch die Anrufer! Das mediale Echo ist ja enorm, die eiserne Haltung bei bestimmten Herrschaften allerdings auch.
AntwortenLöschenAlles Liebe!
Astrid
Liebe Lisa, ich bin so stolz auf Euch, ich könnte platzen! Liebe Grüße, Taija
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