Dieses Werk ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

Die GNU GPL und der American Way of Life

Microsoft beschreibt die GNU General Public License (GPL) als eine „Open Source“-Lizenz und sagt, sie wäre gegen die amerikanische Lebensart. Um die GNU GPL zu verstehen und zu erkennen wie sie die amerikanische Lebensart verkörpert, muss man sich zuerst bewusst machen, dass die GPL nicht für Open Source Software (OSS) entwickelt wurde.

Die Open-Source-Bewegung, die 1998 begann, hat das Ziel leistungsfähige, zuverlässige Software und verbesserte Technologie zu entwickeln, indem sie die Öffentlichkeit zur Mitarbeit an der Softwareentwicklung einlädt. Viele Entwickler in dieser Bewegung benutzen die GNU GPL und sind herzlich eingeladen sie zu verwenden; aber die Ideen und die Logik hinter der GPL können nicht in der Open-Source-Bewegung gefunden werden. Sie stammen von höheren Zielen und Werten der Freie-Software-Bewegung.

Die Freie-Software-Bewegung gibt es seit 1984, aber ihre Inspiration stammt von den Idealen von 1776: Freiheit, Gemeinschaft und freiwillige Kooperation. Das ist es, was zu unternehmerischer Freiheit, Meinungsfreiheit und freier Software führt.

Wie in freies Unternehmertum und freie Meinungsäußerung bezieht sich frei in Freie Software auf Freiheit, nicht auf den Preis; Konkret bedeutet das, dass Sie die Freiheit haben, die von Ihnen genutzte Software zu untersuchen, zu ändern und weiterzuverbreiten. Diese Freiheiten ermöglichen Bürgern sich selbst und einander zu helfen und damit an einer Gemeinschaft zu partizipieren. Dem gegenüber steht die häufigere proprietäre Software, die Benutzer hilflos hält und voneinander trennt; die inneren Abläufe sind geheim, und Ihnen wird untersagt, das Programm mit Ihrem Nächsten zu teilen. Leistungsfähige, zuverlässige Software und verbesserte Technologie sind nützliche Nebenprodukte der Freiheit, aber die Freiheit eine Gemeinschaft zu haben, ist schon für sich allein wichtig.

Wir konnten im Land der proprietären Software keine Gemeinschaft der Freiheit aufbauen, wo jedes Programm seinen Herrscher hatte. Wir mussten ein neues Land im virtuellen Raum schaffen: das freie Betriebssystem GNU, dass wir 1984 zu schreiben anfingen. Als GNU 1991 fast fertig war, füllte der Betriebssystemkern Linux von Linus Torvalds die letzte Lücke; schon bald war das freie GNU/Linux-System verfügbar. Heute benutzen Millionen von Benutzern GNU/Linux und genießen die Vorzüge der Freiheit und der Gemeinschaft.

Ich entwarf die GNU GPL, um die Freiheiten, die freie Software definieren, zu unterstützen und zu schützen ‑ um die Worte von 1776 zu benutzen, sie stellt sie als unveräußerlichen Rechte für unter GPL freigegebene Programme. Sie sorgt dafür, dass man die Freiheit besitzt, ein Programm zu untersuchen, zu ändern und weiterzubreiten, indem sie angibt, dass niemand dazu berechtigt ist, diese Freiheiten durch Weiterverbreitung des Programms unter einer einschränkenden Lizenz wegzunehmen.

Im Interesse der Zusammenarbeit ermutigen wir andere dazu, die von uns veröffentlichten Programme zu modifizieren und zu erweitern. Im Interesse der Freiheit legen wir die Bedingung fest, dass diese modifizierten Versionen unserer Programme die Freiheit ebenso respektieren müssen, wie die ursprüngliche Version. Durch die Ablehnung von Schmarotzern ermutigen wir zur wechselseitigen Zusammenarbeit: wer auch immer Teile unserer Software in sein Programm einfügen will, muss uns Teile seines Programms benutzen lassen. Niemand ist gezwungen sich unseren Klub anzuschließen, aber diejenigen, die partizipieren wollen, müssen uns dieselbe Zusammenarbeit anbieten, die sie von uns erhalten. Das macht das System fair.

Millionen Nutzer, Zehntausende Entwickler und so große Firmen wie IBM, Intel und Sun haben sich dazu entschieden, auf dieser Basis zu partizipieren. Aber einige Firmen wollen die Vorteile ohne die Verpflichtungen.

Von Zeit zu Zeit haben Firmen zu uns gesagt: „Wir würden eine verbesserte Version dieses Programms schreiben, wenn Sie uns erlaube, es ohne Freiheit freizugeben.“ Wir sagen dazu: „Nein, danke - es könnte sein, dass Ihre Verbesserungen nützlich sind, wenn sie frei wären, aber wenn wir sie nicht in Freiheit benutzen können, sind sie zu überhaupt nichts gut.“ Dann appellieren sie an unsere Egos und sagen, dass unser Quellcode innerhalb ihrer proprietären Programmen „mehr Benutzer“ haben wird. Wir antworten darauf, dass wir die Freiheit unserer Gemeinschaft höher als eine irrelevante Form der Popularität schätzen.

Microsoft würde sicherlich gerne die Vorzüge unseres Quellcodes ohne die Verpflichtungen haben wollen. Aber Microsoft hat noch einen anderen, weitaus konkreteren Grund die GNU GPL anzugreifen. Microsoft ist im Allgemeinen eher für Imitation statt Innovation bekannt. Wenn Microsoft etwas Neues macht, ist die Absicht strategisch ‑ nicht um die Datenverarbeitung für ihre Benutzer zu verbessern, sondern um Alternativen abzuschotten.

Microsoft verwendet eine wettbewerbswidrige Strategie namens Annehmen und Erweitern. Das bedeutet,dass sie mit der Technologie beginnen, die andere einsetzen, einen kleinen Trick einbauen, der geheim ist, damit niemand sonst ihn nachmachen kann; danach benutzen sie den geheimen Trick, so dass nur Microsoft-Software mit anderer Microsoft-Software kommunizieren kann. In einigen Fällen wird es dadurch schwierig, ein Nicht-Microsoft-Programm zu benutzen, wenn andere, mit denen man arbeitet, ein Microsoft-Programm benutzen. In anderen Fällen wird es dadurch schwieriger, ein Nicht-Microsoft-Programm für Aufgabe A zu benutzen, wenn ein Microsoft-Programm für aufgabe B benutzt wird. Wie auch immer: Annehmen und Erweiter vergrößert die Wirkung von Microsofts Marktmacht.

Keine Lizenz kann Microsoft vom Annehmen und Erweitern abhalten auszuüben, falls sie, koste es was es wolle, dazu entschlossen sind. Wenn sie ihr eigenes Programm von Grund auf neu schreiben und nichts von unserem Quellcode benutzen, betrifft sie die Lizenz unseres Quellcodes nicht. Aber ein komplettes Neuschreiben ist kostspielig und schwierig, und auch Microsoft kann das nicht ständig. Daher deren Kampagne, um uns zu überreden von der Lizenz abzulassen, die unsere Gemeinschaft beschützt, der Lizenz, die sie nicht sagen lässt: „Was dein ist, ist auch mein und was mein ist, ist auch mein.“ Sie wollen, dass wir sie nehmen lassen, was auch immer sie wollen, ohne jemals irgendetwas zurückzugeben. Sie wollen, dass wir unsere Verteidigungen aufgeben.

Aber Schutzlosigkeit ist nicht die amerikanische Lebensart. Im Land der Krieger und der Unabhängigkeit verteidigen wir unsere Freiheit mit der GNU GPL.

Nachtrag:

Microsoft sagt, die GPL sei gegen „Rechte an geistigem Eigentum“. Ich habe keine Meinung über „Rechte an geistigem Eigentum“, weil der Begriff zu weit gefasst ist, als dass man eine sinnvolle Meinung darüber haben könnte. Es ist ein Sammelbegriff, der Urheberrecht, Patente, Markennamen und andere grundverschiedene Rechtsbereiche umfasst; Bereiche, die in den Gesetzen und in ihren Wirkungen so verschieden sind, dass jede mögliche Aussage über sie allesamt sicher einfach wäre. Um gebildet über Urheberrecht, Patente und Markennamen nachzudenken, muss man jeweils gesondert über sie nachdenken. Der erste Schritt ist es abzulehnen sie allesamt als „geistiges Eigentum“ in einen Topf werfen.

Meine Ansichten zum Urheberrecht darzulegen erfordern eine Stunde, aber ein allgemeiner Grundsatz gilt: er kann nicht rechtfertigen, wichtige öffentliche Freiheiten zu verwehren. Wie Abraham Lincoln es ausdrückte: „Wann immer es einen Konflikt zwischen Menschen- und Eigentumsrechte gibt, Menschenrechte müssen überwiegen.“ Eigentumsrechte sollen menschliches Wohl voranbringen, keine Entschuldigung, um sie zu ignorieren.